Politische und staatliche Kennziffern

Staatsform Republik
Regierungssystem Semipräsidentielles  System
Human Development Index 52
Einwohnerzahl 19.942.642
Einwohner / km²  89

Mediensystem, Medienmarkt

Organisationsform der Presse

Während der Zeit des Kommunismus von 1947 bis 1990 war der Staat der wichtigste Eigentümer der Presse in Rumänien. Danach kam es zu einer schlagartigen Privatisierung großer Teile der Presse, welche den Zugang zum Journalistenberuf für Jedermann ermöglichte. Heute gibt es sowohl private Presseangebote als auch nichtkommerzielle Publikationen, die von Ministerien und Behörden herausgegeben werden. Diese beschäftigen sich mit Themen wie Bildung und Wissenschaft. Die Presseinstitutionen haben zwei verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten: Einerseits Einnahmen aus Verkauf, Abonnements und Anzeigen und andererseits staatliche oder andere  Subventionen1. Seit der Finanzkrise 2008 sind die Einnahmen der Printmedien stark zurückgegangen, was für die weitere Existenz vieler Zeitungen eine starke Bedrohung darstellt.

Konzentration des Pressmarkts

Die Konzentration des Pressemarktes in Rumänien ist bedenklich.
Die Besitzverhältnisse sind oft undurchschaubar und es sind deutliche Tendenzen zur Monopolisierung feststellbar. Dies liegt an dem Privatisierungsprozess nach dem Fall des Kommunismus, welcher „ohne Spielregeln“ ablief und von Korruption geprägt wurde. In Folge dessen sind große Teile der Infrastruktur des Pressebetriebs in die Hände von ehemaligen kommunistischen Funktionären geraten2. In Rumänien herrscht vielerorts eine Grauzone zwischen privatem und staatlichem Eigentum in Bezug auf die Presse. Beispielhaft dafür ist Radu Mazare, der lange Zeit Oberbürgermeister der Großstadt Konstanza war und in dessen Besitz sich große Teile der lokalen Medien befinden3.
Außerdem investieren seit Beginn der 2000er Jahre vermehrt Medienunternehmen aus dem Ausland in die Rumänische Presse, was zu Fusionen und dadurch einer Verstärkung der Konzentration führte.4
Die beliebtesten Qualitätszeitungen sind: România liberă, Adevărul, Jurnalul național, Evenimentulzilei, und Adevărul de weekend5.

Organisation des Rundfunks

Es gibt sowohl öffentlichen als auch privaten Rundfunk in Rumänien. Die beiden Bereiche werden von unterschiedlichen Gesetzen und Normen geregelt.
Der Rundfunk wird durch das Rundfunkgesetz und das „Gesetz zur Organisation und Arbeit der Rumänischen Radio und Fernsehgesellschaft“ reguliert. Diese beiden Gesetze begründeten den öffentlichen Rundfunk in Form der Rumänischen Radiogesellschaft und der Rumänischen Fernsehgesellschaft, sowie den nationalen Rundfunkrat, den CNA (Consiliul Naţional al Audiovizualului). Der CNA wird vom Parlament direkt beaufsichtigt, während der öffentliche Rundfunk dem Parlament gegenüber eine Verantwortung hat.

Die öffentlichen Fernsehsender der Societatea Românǎ de Televiziune finanzieren sich durch Rundfunkgebühren, staatliche Zuschüsse sowie Werbung6. Sie betreibt mehrere öffentlich-rechtliche Fernsehsender in Rumänien: TVR1, TVR2, TVR3, TVR Info, TVRi und TVR HD7.

Der private Rundfunk hingegen finanziert sich hauptsächlich mittels Werbung. Bedeutende private Rundfunkunternehmen in Rumänien sind MediaPRO, Intact und SBS.

Konzentration des Rundfunkmarktes

Rumänien hat eine sehr hohe Anzahl von Fernsehsendern. So gibt es insgesamt 66 Unternehmen, welche eine audiovisuelle Lizenz für eine Sendung mit Erdaussendung haben8. Gleichzeitig konzentriert sich die Mehrheit an Zuschauerquoten auf einige wenige Sender. 90 Prozent des Werbemarktes entfallen auf nur 5 Unternehmen. Generell lässt sich sagen, dass große Teile des Medienmarktes von einigen wenigen Personen besessen werden. Zudem sind die Eigentumsverhältnisse oft durch ausländische Mittelleute verschleiert. 2015 wurden die fünf bedeutendsten Medientycoons Rumäniens alle strafrechtlich verfolgt.
Wichtige Fernsehsender sind: TVR 1, TVR 2, Digi TV, Realitatea TV und PRO TV9.

Organisation des Internets

Rumänien hat das schnellste Internet in Europa10. 50 Prozent der Rumänen benutzten 2015 das Internet. Die Seiten von Presseagenturen sind beliebt. Dazu zählen beispielsweise die Webseiten von Agerpres, Mediafox und Rador11.

Kommunikative Grundordnung – Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit in…

…der Verfassungstheorie

Die Presse-, Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit ist in der rumänischen Verfassung in den Artikeln 30 und 31 garantiert. In Rumänien gibt es kein spezielles Pressegesetz. Stattdessen beruht die Arbeit der Printmedien auf einer Verfassungsbestimmung aus Artikel 30, in der es heißt, dass die Pressefreiheit das Recht beinhaltet, Publikationen zu gründen. Eine Zensur wird durch den Artikel ebenfalls ausgeschlossen.

Zudem verpflichtet die Verfassung in Artikel 31 die privaten oder öffentlichen Medien, der Öffentlichkeit „eine korrekte Information“, zu gewährleisten. Außerdem deklariert Artikel 31 die Autonomität des öffentlichen Rundfunks.

…den Landesgesetzen

Nach dem Strafgesetzbuch können Journalisten in Fällen von Verleumdung, Beleidigung oder Grausamkeit vom staatlichen Gerichtshof mit Geld oder Freiheitsstrafen sanktioniert werden. Diese Sanktionen lassen sich im „Gesetz über das Urheberrecht und ähnliche Rechte“ von 1996 und dem „Gesetz über den freien Zugang zu Informationen öffentlichen Interesses“ von 2001 finden. Journalisten sind verpflichtet wahr und ausgewogen zu berichten und dem Pluralismus und dem Anstand Genüge zu tun.

Darüber hinaus sind außerdem rassistische oder faschistische Aussagen, sowie Äußerungen, welche nationale Symbole oder Religionen beleidigen, strafbar. Zivilrechtliche Klagen von öffentlich relevanten Personen gegen Journalisten sind keine Seltenheit13.

…der Regulierung des Presse- und Rundfunkmarkts

Obwohl es schon häufiger versucht wurde, konnte bisher kein Pressegesetz im modernen Rumänien verabschiedet werden. Journalisten und Politiker sehen auch momentan keine Notwendigkeit für ein solches Gesetz14. Aufgrund des fehlenden Pressegesetzes sprechen Experten allerdings von einer Unterregulierung der Presse in Rumänien15.

Die einzelnen Bereiche des Rundfunkwesens werden durch den CNA reguliert, welcher Lizenzen an private und staatliche Rundfunkanbieter vergibt und Normen für alle Sender festsetzt16.
Die Frequenzen für Radio- und Fernsehprogramme sind Bestandteil des „nationalen Vermögens“, weswegen sie von privaten Sendern nur zeitweise genutzt werden dürfen. Gewisse Rundfunkfrequenzenketten sind dabei für das öffentliche Fernsehen und Radio reserviert.

Nach Neuwahlen setzt die regierende Partei meistens eine neue Führung für das öffentliche Fernsehen ein. So kann eine regierungstreue Berichterstattung garantiert werden18.

…der Regulierung des Internets

Seit dem Juni 2015 existiert ein Gesetz, welches der staatlichen Behörde ONJN die Sperrung von Glücksspiel-Webseiten ermöglicht. Dadurch kann die Behörde effektiv entscheiden, welche Inhalte Privatpersonen im Internet sehen können. Viele Rumänen befürchten deshalb eine Ausweitung der Zensur auf andere Webinhalte19.

Indizes Korruption und Pressefreiheit

Freedom of the Press

Ranking: 85

Score: 42

20, 21Der Press Score ist in Rumänien in den letzten Jahren sehr konstant.

Freedom on the Net

Ranking: k.A.

Score: k.A.

Democracy Score

Ranking: 3,46

Score: 10/29

22, 23Der Democracy Score hat sich in den letzten Jahren kaum geändert. Rumänien liegt am Ende des ersten Drittels.

Reporter ohne Grenzen

Ranking: 52

Score: 24,9

24, 25Rumänien ist von 2014 auf 2015 im Ranking um sieben Plätze gefallen, was auf die schmutzige Wahlkampfkommunikation 2014 zurückzuführen sein dürfte. Generell befindet sich das Land aber schon länger im Bereich um den Platz 50.

Transparency International

Ranking: 58

Score: 46

26, 27Rumänien konnte sich 2015 im CPI deutlich verbessern. Beispielhaft für diese Verbesserung ist die Verhaftung korrupter Medienmogule im Jahr 2015.

Wissenschaftliche Einteilung in Pressetypen

Contingency Model of Communication

In Rumänien darf jeder senden und empfangen, es handelt sich also um eine offene Produktion. Der Medienbesitz ist privat und dezentralisiert. Außerdem hat das Individuum das Recht zu senden und zu empfangen.

Comparing Media System

Die Zuordnung hier ist kaum möglich. Das Mediterrane oder polarisiert-pluralistische Modell trifft wohl am ehesten zu, da es sich um ein sehr spät demokratisiertes Land handelt, bei dem die Regierung auf die Medien einwirkt.

Pragmatischer Differenz-Ansatz

Die Einteilung mit dem Pragmatischen Differenz-Ansatz ist auch schwierig. Das Mediensystem entsprich primär der Linie B. Es gibt sowohl öffentliche als auch private Medien. Es wird sowohl regierungsnah als auch kritisch berichtet, deshalb ist die Medienkultur als ambivalent anzusehen. Allerdings handelt es sich um ein demokratisches System mit weitestgehend funktionierender Pressefreiheit. Wahrscheinlich müsste man Rumänien deshalb dem liberal-ambivalenten Mischmodell zuordnen.

Typologie defekter Mediensysteme

Rumänien ist ein pluralistisches Mediensystem mit strukturellen als auch prozessualen Defekten. Strukturelle Defekte sind die undurchsichtigen, oft monopolartigen Eigentumsverhältnisse bei den Medienunternehmen. Zudem werden Journalisten von ihren Medienunternehmen häufig dazu gezwungen, ihre eigene Meinungsfreiheit aufzugeben. Dies ist ein prozessualer Defekt.

Four Theories of the Press

Rumänien lässt sich in die Four Theories of the Press nur sehr schwer einordnen. Es hat sowohl Elemente des Autoritarismusmodells, als auch des Sozialverantwortungsmodells.
Für das Autoritarismusmodell spricht, dass der öffentliche Rundfunk von regierungsnahen Mitgliedern kontrolliert wird und dementsprechend kaum kritische Beiträge bringt. Auch die CNA bleibt von dem Einfluss der Politik nicht verschont. Das Wesen der privaten Medien in Rumänien spricht eher für das Liberalismusmodell.

Stand: Februar 2016

Quellen

1, 2, 4, 6, 7, 8, 12, 16, 17 Marinescu, Valentina (2009): Das Mediensystem Rumäniens in Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien. Baden-Baden: Nomos, 28. Auflage 2009. S.555-569

3 Preoteasa, Manueal (2015): Press freedom in Romania: The success story of imprisoned media owners. http://www.euractiv.com/sections/infosociety/media-freedom-romania-success-story-imprisoned-media-owners-317560. Zugriff am 19.01.2015

5, 9 Ioana Cretu (2015): Die Presse in Rumänein – ein Überblick. http://cuq.cc/de/die-presse-rumaenien-ein-ueberblick. Zugriff am 19.01.2015

10 Rogers, Kaleigh (2015): Why Romanias Internet is so much faster than America’s. http://motherboard.vice.com/read/why-romanias-internet-is-so-much-faster-than-americas

11 Grad, Sorin (2015):Wichtige Onlinemedien-Informationsquellen in Rumänien. http://cuq.cc/de/wichtige-olinemedien-informationsquellen-rumaenien. Zugriff am 19.01.2015

13, 18, 22, 23 Freedom House (2015): Romania. https://freedomhouse.org/report/nations-transit/2015/romania. Zugriff am 19.01.2015

15 Kinderman, Rotger (2009): Medien in der Krise-Pressefreiheit und Pressekonzentration in Europa. http://www.vejaej.de/31.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=2&cHash=31f7a22185eadbd9a779f9a4d2885921. Zugriff am 19.01.2016.

19 Liberties.eu (2015): Romania Begins Internet Censorship. http://www.liberties.eu/en/news/internet-censorship-starts-in-romania. Zugriff am 19.01.2015

20, 21 FreedomHouse (2015): Freedom of the Press 2015. https://freedomhouse.org/sites/default/files/FreedomofthePress_2015_FINAL.pdf. Zugriff am 19.01.2015

24, 25 Reporter ohne Grenzen. Rumänien. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rum%C3%A4nien/. Zugriff am 19.01.2015

26, 27 Transparency International (2015). Corruption Perceptions Index 2015. http://www.transparency.org/cpi2015#results-table. Zugriff am 19.01.2015

 

Weitere, nicht zitierte Quellen:

Preoteasa, Manuela (2014): The men who bit the watchdogs. http://transparencycentre.org/pdf/report.pdf. Zugriff am 19.01.2015

Reporter ohne Grenzen (201): Medien mangelt es an Unabhängigkeit. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/nc/rumaenien/alle-meldungen/meldung/medien-mangelt-es-an-unabhaengigkeit/. Zugriff am 19.01.2015

Europa.eu: Rumänien. http://europa.eu/about-eu/countries/member-countries/romania/index_de.htm. Zugriff am: 19.01.2016