Mission Statement

Unser Ziel ist es, eine aktuelle und weitgehend vollständige Beschreibung der Situation der Medienfreiheit in Osteuropa anzubieten. Wir wollen zudem zeigen, wie diese Situation mit den jeweiligen politischen Systemen der Länder und Transformationsstaaten in Osteuropa und Eurasien zusammenhängt.

Die Idee unseres Projekts ist es, über die spezifische Situation in den Ländern zu informieren und diese anhand bestimmter Indizes und ausgewählter Parameter vergleichbar zu machen. Diese Wissensgrundlage soll dazu beitragen, die Medienfreiheit in diesen Ländern einzuschätzen und die Basis zu legen, um mithilfe der Indizes konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen zu herauszuarbeiten. Zudem können interessierte Bürger und Organisationen, die sich innerhalb und außerhalb der betreffenden Länder mit der Freiheit der Medien befassen, anhand einer externen Quelle die Situation einzelner Länder ermessen und künftig Veränderungen vorantreiben.

Disclaimer:

Die Inhalte des Medienatlas wurden von Studentinnen und Studenten der Universität Passau im Studiengang Medien und Kommunikation mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Gewissen recherchiert und zusammengestellt. Dennoch kann das Seminarteam keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Seiten und Inhalte übernehmen.

Die Einordnung der einzelnen Länder in die presstheoretischen Typologien beruht auf der Einschätzung der jeweiligen Autoren; diese hat nicht den Anspruch, absolut zu sein und versteht sich vielmehr als wissenschaftliches Diskussionsangebot.

Länderauswahl und Vorgehensweise

Medienfreiheit, Pressefreiheit und Meinungsfreiheit sind – zumindest nach westlichen Wertvorstellungen – unabdingbare Bestandteile einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Für viele Bürger der Europäischen Union, die in einem stabilen, friedlichen und demokratischen gesellschaftlichen Rahmen leben, sind diese Güter oft eine kaum wahrgenommene Selbstverständlichkeit. Doch bedeuten diese Begriffe wirklich immer das, was sie meinen? Warum funktionieren in osteuropäischen Ländern Institutionen wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht wie in westlichen Vergleichsländern? Warum sind Korruption und politische Machtspiele gerade in den osteuropäischen Ländern meist in einem Atemzug mit Medien und Presse zu nennen? Diesen und weiteren Fragestellungen im Zusammenhang mit „Medienfreiheit“ möchten wir im Rahmen dieses Lehrforschungsprojektes nachgehen. Um Antworten auf die Fragen zu finden, wurden eben solche Länder für eine Analyse herangezogen, die ganz besondere gemeinsame Eigenschaften und Merkmale vorweisen.

Die ausgewählten osteuropäischen Länder sowie Länder Eurasiens sind gekennzeichnet durch teilweise defekte Demokratiesysteme, zumindest aber durch tiefgreifende Transformationsprozesse auf unterschiedlichsten politischen und gesellschaftlichen Ebenen nach der politischen Wende in Osteuropa und dem vorläufigen Ende des Ost-West-Konflikts sowie einem – oftmals – fragilen Verhältnis zur oder innerhalb der Europäischen Union. Die Länder sind geprägt von (vormals) autoritären und kommunistischen Regierungsformen. Sie sind zwar in vielen Fällen Mitglied der EBU (European Broadcasting Union), jedoch nicht zwingendermaßen der Europäischen Union.

Um einen Vergleich und eine Einordnung der Länder nach denselben Standards zu gewährleisten, werden sie zunächst nach festgelegten Kennziffern, Indizes und Systemen eingeordnet und definiert (wie: politische Form, staatliche Kennziffern, Mediensystem, Medienmarkt, kommunikative Grundordnung). Im nächsten Schritt werden die Länder zu Einordnungszwecken nach bestimmten Parametern und wissenschaftlichen Typologien analysiert. Genaue Definitionen dieser sind auf den nächsten beiden Seiten unter „Indizes der Pressefreiheit und Korruption“ und „Wissenschaftliche Zuordnung“ zu finden. Die für diese Analyse herangezogenen Quellen wurden von den AutorInnen sorgfältig ausgewählt und werden bei den jeweiligen Länderberichten anhand von Fußnoten detailliert angeführt. Die ausgewählten Datenbasen umfassen sowohl aktuelle Internetquellen als auch fachspezifische Literatur aus der Medien- und Kommunikationswissenschaft. Für die Aufbereitung der Länderberichte wurden von den VerfasserInnen besonders die Mediendatenbanken „mediadb.eu1 und das „Internationale Handbuch Medien2 stark frequentiert.

1 Vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Mediendatenbank / mediadb.eu. 2016. http://www.mediadb.eu/, Zugriff am: 15.02.2016

2 Vgl. Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2009) Internationales Handbuch Medien. Baden-Baden: Nomos. 28. Auflage.

Indizes der Pressefreiheit und Korruption

„‘Pressefreiheit‘ ist ein unbestimmter Begriff. Nicht nur, dass Verfassungsnormen und Realität bekanntlich auseinanderklaffen; auch das Verständnis von Pressefreiheit unterscheidet sich in verschiedenen Teilen der Welt.“1

Die Organisationen „Freedom House“, „Reporter ohne Grenzen“ und zum Teil auch „Transparency International“ widmen ihre Arbeit diesem unbestimmten Begriff der Pressefreiheit.2 Die ersten beiden entwickeln anhand verschiedener Parameter Indizes für die Pressefreiheit weltweit. „Transparency International“ dagegen ermittelt die wahrgenommene Korruption in öffentlichen Sektoren.3 Dabei hat sich jede Organisation auf ein bestimmtes Messinstrument für Pressefreiheit festgelegt, was die Vergleichbarkeit der verschiedenen Indizes deutlich einschränkt und spezialisiert. Im Folgenden werden in einer Übersicht die Schwerpunkte und die Nutzbarkeit der von den drei Organisationen veröffentlichten Indizes unterschieden.

Freedom House bildet seit 1980 den globalen Trend von Medienfreiheit ab. Die Organisation misst Pressefreiheit anhand des Drucks, der auf den freien Informationsfluss ausgeübt wird, der Freiheit von Print-, Fernseh- und Onlinemedien in ihrer Berichterstattung und zudem auf Basis der Frage, inwiefern ohne Angst vor negativen Konsequenzen in den journalistischen Medien gearbeitet werden kann. Drei der von Freedom House veröffentlichten Indizes sind für unser Vorhaben von Relevanz: Freedom of the Press, Freedom on the Net und Democracy Score.4

In dem Bericht „Freedom of the Press“ wird jährlich die Pressefreiheit in 199 Länder weltweit bewertet und verglichen. Dabei werden drei Kategorien evaluiert, welche in der geringsten Ausprägung von Pressefreiheit zusammen 100 Punkte ergeben:

  1. Der Einfluss von Gesetzen und anderen Regelungen auf die Informationsbeschaffung und Inhalte der Medien. (max. 30 Punkte erreichbar)
  2. Der politische Einfluss auf Medieninhalte: Zugang zu Informationen, Zensurmaßnahmen, Einschüchterung von Journalisten durch staatliche oder andere Akteure. (max. 40 Punkte erreichbar)
  3. Der ökonomische Einfluss auf Medieninhalte: staatliche Förderungsmaßnahmen, Beschränkungen der Ressourcen, negative Auswirkungen durch Konkurrenz auf dem privaten Medienmarkt. (max. 30 Punkte erreichbar)

Einem Analysten von Freedom House werden dabei ein bis drei Länder zugeteilt, welche er anhand eines standardisierten Fragebogens bewertet. Anschließend schreibt er einen Bericht über das entsprechende Land, welcher durch ein Gremium kontrolliert und mit dem des Vorjahres auf überzufällige Abweichungen hin verglichen wird.

Aus den Punkten, welche das Land in den beschriebenen drei Kategorien erhalten hat, wird der „Freedom of the Press“-Index errechnet. 0 Punkte stellt dabei das höchstmögliche, 100 Punkte das geringste Level an Pressefreiheit dar. Diese bilden die Basis für die drei Einordnungen „free“ (0-30), „partly free“ (31-60) und „not free“ (61-100).5

Kritisch bei der Bewertung der Pressefreiheit ist hier, dass Freedom House zwar grundsätzlich ökonomische Faktoren der einzelnen Länder berücksichtigt, jedoch die genaue Bewertung nicht offen legt, sodass die Einstufung nicht hundertprozentig nachvollziehbar ist. Die Skalen zur Bewertung werden in den USA entwickelt und sind somit westlich geprägt, was zu grundsätzlichen Konflikten mit den kulturellen Gepflogenheiten anderer Länder führt. Da die Experten selbst nicht im zu bewertenden Land leben, ist eine verzerrte Sicht auf das Land nicht auszuschließen.

Dennoch eignet sich der „Freedom of the Press“-Index gut zur allgemeinen Einsicht in die Pressefreiheit von Ländern weltweit. Die Experten, die ein Land aus der Ferne bewerten, haben eine systematische und distanzierte Sicht auf das Land und können, im Vergleich zu einem im Land sitzenden Analysten, nicht durch die Einschränkungen der Pressefreiheit im Land selbst beeinflusst werden. Sie bewerten also frei, unzensiert und distanziert.

Seit 2009 wird von Freedom House zusätzlich der „Freedom on the Net“-Index veröffentlicht. Hier wird der Status der Internetfreiheit für inzwischen 65 Länder weltweit ermittelt. Anhand eines Fragebogens werden die Internetfreiheit sowie der Zugang und die Offenheit digitaler Medien zur Übermittlung von Informationen, wie beispielsweise Mobiltelefone oder Nachrichtendienste, gemessen. Dabei werden drei Kategorien betrachtet, aus deren Summe sich der Index errechnet:

  1. Behinderung des freien Zugangs: infrastrukturelle und ökonomische Zugangsbarrieren; staatliche Beschränkung verschiedener Anwendungen oder Technologien; rechtliche Kontrolle über das Internet oder Mobiltelefone.
  2. Inhaltliche Beschränkungen: Filter oder Blockaden auf Webseiten; alle Formen von Zensur oder Selbstzensur; Manipulationen von Inhalten; die Vielfalt von Nachrichtenseiten; die Nutzbarkeit von digitalen Medien für sozialen und politischen Aktivismus.
  3. Verstöße gegen die Nutzerrechte: gesetzliche Beschränkungen von Onlineaktivitäten; Überwachung und Einschränkung von Privatsphäre; Auswirkungen von Onlineaktivitäten, wie zum Beispiel rechtliche Verfolgung, Freiheitsstrafe, physische Übergriffe oder andere Formen von Übergriffen.

Aus den Bewertungen dieser drei Kategorien errechnet sich eine Gesamtzahl zwischen 0 und 100. 0 Punkte ist dabei das höchstmögliche, 100 Punkte das geringste Level von Freiheit im Internet. Diese stellen die Basis für die drei Einordnungen „free“ (0-30), „partly free“ (31-60) und „not free“ (61-100) dar. 6

Seit 20 Jahren ermittelt Freedom House in einem jährlichen Bericht den Grad demokratischer Staatsführung in inzwischen 29 Ländern von Zentraleuropa bis Zentralasien. Ziel ist es, das Heranwachsen von Demokratiegegnern in Eurasien transparent zu machen. Anhand eines Fragebogens werden folgende Kategorien bewertet: die nationale demokratische Governance, der Wahlprozess, die Zivilgesellschaft, unabhängige Medien, die lokale demokratische Governance, der gerichtlicher Rahmen und Unabhängigkeit und Korruption. Errechnet aus den Bewertungen dieser Kategorien auf einer Skala von eins bis sieben, wobei sieben der schlechteste Wert ist, ergibt sich dann ein allgemeiner Demokratie-Wert. Hier wird das gesamte System ebenfalls auf einer Skala von eins bis sieben eingestuft:

1.00–2.99: Consolidated Democracies

3.00–3.99:  Semi-Consolidated Democracies

4.00–4.99: Transitional or Hybrid Regimes

5.00–5.99: Semi-Consolidated Authoritarian Regimes

6.00–7.00: Consolidated Authoritarian Regimes7

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ stellt jährlich ein Ranking unter 180 Staaten weltweit auf, welches die Lage der Presse- und Informationsfreiheit bewertet. Gemessen werden dabei die Bemühungen der jeweiligen Staaten, unabhängige Berichterstattung zu respektieren und die ungehinderte Arbeit von Journalisten sicherzustellen.

Als Grundlage der Bewertung wird ein umfangreicher Fragebogen, der sieben Hauptkategorien abdeckt, genutzt. Die Kategorien umfassen die Medienvielfalt, die Unabhängigkeit der Medien, das journalistische Arbeitsumfeld und Selbstzensur, rechtliche Rahmenbedingungen, institutionelle Transparenz, Produktionsinfrastruktur und Übergriffe und Gewalt gegen Journalisten. Die Hauptkategorien werden jeweils durch eine Vielzahl von Fragen und Items operationalisiert.

Weltweit arbeitet „Reporter ohne Grenzen“ mit rund 150 Korrespondenten, die meist Vertreter von Partnerorganisationen sind, sowie zusätzlich mit Journalisten, Wissenschaftler, Juristen und Menschenrechtsaktivisten zusammen.

Die Reporter und deren zusätzliche Quellen bewerten zu mehreren gemeinsam ein Land. Zudem tun sie dies im zu bewertenden Land vor Ort. Das schafft einerseits einen tieferen Einblick in die Vorkommnisse des jeweiligen Landes, birgt allerdings auch die Gefahr, dass die Analysten selbst von einer eventuellen Zensur betroffen sein können. Auch die fehlende Offenlegung der detaillierten Kriterien und des Bewertungsvorgangs sowie die Anonymität der Analysten wirken sich negativ auf den bedeutsamen Punkt der Transparenz aus. 8

Dennoch ist das Ranking von „Reporter ohne Grenzen“ ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der Pressefreiheit von Ländern im weltweiten Vergleich. Positiv zu bewerten ist der Punkt, dass mehrere Analysten gemeinsam das Ranking für ein Land aufstellen. Auch die Nähe der Analysten zum Land ist oft von großem Vorteil und zeigt, wie die Pressefreiheit eines Landes innerhalb der Ländergrenzen wahrgenommen wird.

Die Organisation „Transparency International“ stellt jährlich den sogenannten Corruption Perceptions Index (CPI) vor. Hierbei handelt es sich um einen Index, der die wahrgenommene Korruption eines Landes betrachtet und diese weltweit einordnet. Als Korruption betrachtet werden illegale Machenschaften, welche allerdings nur durch Skandale aufgedeckt werden können. Deshalb ist die Hemmschwelle der Betroffenen solche Dinge zu kommunizieren sehr hoch. Es besteht die Möglichkeit sich über Korruptionszahlungen dem Wert anzunähern, dadurch würde allerdings nicht die tatsächliche Zahl aufgedeckt, sondern lediglich aufgezeigt, wie gut die Zahlen vertuscht werden können.

„Transparency International“ ermittelt mit dem CPI deshalb die wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor. Dazu werden Untersuchungen und Umfragen von mehreren unabhängigen und geprüften Institutionen ermittelt und zusammengeführt. Es sind keine festgelegten Kategorien vorhanden, nach denen der Index erstellt wird. Als Grundlage für den CPI 2014, mit welchem 175 Länder ausgewertet werden konnten, dienten beispielsweise Daten von zwölf Institutionen/ Indizes/ Rankings, wobei jede Institution mehrere Länder oder einen bestimmten Bereich abdeckte. Als Quellen dienen außerdem ausländische Länderanalysten, Geschäftsleute und Experten im In- und Ausland.

Nur wenn ein Land anhand mindestens drei unabhängiger, geprüfter Datenquellen eingeordnet werden konnte, wird es aufgeführt. Wenn ein Land nicht in der Indexierung vorkommt, bedeutet das nicht, dass es korrupt wäre, sondern nur, dass nicht genügend Quellen vorliegen, um es bewerten zu können.

Der CPI wird in einem Punktesystem von 100 bis 0 angegeben. Dabei ist, anders als bei den bereits beschriebenen Indizes, 0 die höchstmögliche und 100 Punkte die geringstes Wahrnehmung von Korruption.9


Wissenschaftliche Zuordnung

Mediensysteme werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst und geprägt. Diese werden durch politische, ökonomische, gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen bestimmt, wodurch differenzierte Mediensysteme entstehen. In den Sozialwissenschaften (vor allem Politikwissenschaften und Kommunikationswissenschaft) wurden in den vergangenen 60 Jahren wiederholt pressetheoretische und pressetypologische Modelle erarbeitet, mit denen Mediensysteme analysiert werden können. Im Folgenden werden fünf unterschiedliche Ansätze/Modelle vorgestellt, die die Zusammenhänge zwischen politischem und Mediensystem (und ihren Umwelten) untersuchen – und dabei unterschiedliche Klassifikationen, Merkmale und Typologien verwenden.

Dieser Ansatz ist der älteste der fünf verwendeten Modelle.10 Der Normative Kontingenz-Ansatz nach Siebert, Peterson und Schramm (1956) versucht Mediensysteme systematisch zu unterscheiden und verschiedene Typen abzuzeichnen.11 Demnach werden vier Mediensysteme dargestellt, die durch das jeweils herrschende politische System beeinflusst werden:

Beim Autoritarismus-Modell besteht die Aufgabe der Medien darin, als Diener des Staates zu fungieren. Hierbei sollen sie vor allem zur Stabilität der Regierung dienen. Diese erhält durch das Recht der Verteilung der Lizenzen die Kontrolle über die Medien. Staatliche Zensur ist der Regelfall, wodurch Kritik an der Regierung kaum möglich ist. Der Besitz der Medien kann sowohl öffentlichen Institutionen als auch Privatpersonen zugeordnet werden.

Als Basis des Liberalismus-Modells steht die Kontrolle der Regierung als Hauptaufgabe der Medien im Vordergrund. Medien wirken nicht als Propagandamittel der Regierung, sondern sind verpflichtet die Wahrheit an die Bevölkerung heranzutragen. Aus diesem Grund gibt es keine Zensur oder staatliche Sanktionen gegenüber Kritik an der Regierung. Sie sind in privatem Besitz und konkurrieren auf dem Marktplatz der Wahrheit.

Im Sozialverantwortungsmodell haben Medien die Aufgabe als Forum für Sozialkonflikte zu agieren. Sie sollen unterschiedliche Perspektiven vertreten, verschiedene Standpunkte darlegen und nicht nur dem Großkapitalismus dienen. Die hohen Standards durch die Berufsethik der Journalisten, sowie der Verortung der Medien neben privatem Medienbesitz im öffentlichen Dienst, verpflichtet sie zu Professionalität.

Im Kommunismus-Modell unterliegen die Medien der Kontrolle des Staates. Sie agieren als Diener des Systems und tragen zu dessen Stabilität bei. Vor allem Ziele der Partei sollen durch die Medien an die Gesellschaft herangetragen und realisiert werden. Wie auch im Autoritarismus-Modell gibt es keinen Raum für Kritik am Staat, denn dieser ist zur Zensur und Überwachung befähigt. Der Besitz der Medien wird im öffentlichen Dienst verortet.

Vor allem in den 1980er Jahren wurde oftmals versucht dieses Modell zu erweitern, da es als zu schematisch wahrgenommen wurde.12 Des Weiteren können viele real existierende Mediensysteme nicht konkret einem dieser Modelle zugeordnet werden.13

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Literatur

Blum, Roger (2002): Service Public: Welches Konzept für welche Medien?. In: Medienwissenschaft, 1/2002, S.46-49.

Siebert, Fred/ Peterson, Theodore/ Schramm, Wilbur (1956): Four Theories of the Press. Urbana.

Das Contingency Model of Communication nach dem Kommunikationswissenschaftler Osmo Wiio (1983) differenziert Typologien in unterschiedlichen Kontexten, die bestimmte Eigenschaften und Merkmale unterschiedlicher Mediensysteme aufzeigen und verdeutlichen.14 Die Four-Theories of the Press werden kritisch hinterfragt und durch unterschiedliche Kontextfaktoren beleuchtet.15 Hierbei werden vielfältige Faktoren mit dem Ziel Mediensysteme erkennbar einordnen zu können, analysiert und herausgearbeitet:16

Wiio (1983) hinterfragt zunächst die Offenheit bzw. Geschlossenheit von Produktions- und Rezeptionssystemen und stellt dabei vier unterschiedliche Typen fest:

  • Offene Produktion und offene Rezeption: Jeder hat die Möglichkeit kommunikative Botschaften/Aussagen zu versenden, sowie jegliche Botschaften/Aussagen zu empfangen. Es wird von einer offenen Massenkommunikation ausgegangen. Dieses Modell ist typisch für Länder westlichen Typs.
  • Offene Produktion und geschlossene Rezeption: Jeder hat die Möglichkeit kommunikative Botschaften/Aussagen zu versenden, die Kanäle jedoch sind bereits selektiert. Hier wird von einer gelenkten Massenkommunikation ausgegangen. Dieses Modell lässt sich Entwicklungsländern zuordnen.
  • Geschlossenen Produktion und offene Rezeption: Aufgrund von Zensur darf nur ein bestimmter Kreis von Kommunikatoren Botschaften/Aussagen versenden, dennoch ist es jedem möglich diese zu rezipieren. In diesem Modell wird von kontrollierter Massenkommunikation ausgegangen, die in sozialistischen Ländern, Ein-Partei-Systemen und autoritären Diktaturen verortet werden.
  • Geschlossene Produktion und geschlossene Rezeption: Auch in diesem Modell ist nur ein bestimmter Kreis an Kommunikatoren befugt Botschaften/Aussagen zu versenden. Des Weiteren sind die Kanäle selektiert. Es wird von privater Kommunikation primitiver Gesellschaften ausgegangen.

In einem nächsten Schritt werden Medienbesitz und Medienkontrolle genauer untersucht und beschrieben. Auch hier lassen sich vier verschiedene Typen differenzieren:

  • Privater Medienbesitz und dezentralisierte Medienkontrolle: Dieser Typ lässt sich der freien Presse in Westeuropa sowie der Presse in den USA zuordnen.
  • Privater Medienbesitz und zentralisierte Medienkontrolle: Die Presse in Lateinamerika kann diesem Modell zugewiesen werden.
  • Öffentlicher Medienbesitz und dezentralisierte Medienkontrolle: Dieses Modell betrifft das Rundfunksystem einiger Länder Westeuropas.
  • Öffentlicher Medienbesitz und zentralisierte Medienkontrolle: Sozialistischen Ländern sowie Entwicklungsländern kann dieses Modell zugeordnet werden.

In einem weiteren Schritt werden die Kommunikationsrechte hinterfragt. Auch hier kann man vier Typen unterscheiden:

  • Das Individuum hat das Recht zu senden und zu empfangen: Dieser Typ wird dem Liberalismus-Modell, den Four Theories of the Press entsprechend, zugeordnet. Die USA wäre ein Beispiel für diesen Typ.
  • Das Individuum hat das Recht zu senden, die Gesellschaft hat das Recht zu empfangen: Das Autoritarismus-Modell, gemäß den Four Theories of the Press, entspricht diesem Typ. Als Beispiele für diesen Typen gilt Nazi-Deutschland sowie Franco-Spanien.
  • Die Gesellschaft hat das Recht zu senden, das Individuum hat das Recht zu empfangen: Der Großteil der westlichen Länder wird diesem Typ zugeordnet. Er entspricht dem Sozialverantwortungs-Modell nach den Four Theories of the Press.
  • Die Gesellschaft hat das Recht zu senden und zu empfangen: China und die Sowjetunion dienen hier als Beispielländer. Dieser Typ wird dem Kommunismus-Modell laut den Four Theories of the Press

Der analytische Kontingenz-Ansatz zeigt, dass Mediensysteme komplexe Modelle darstellen, die je nach Blickwinkel andere Muster und vielfältige Merkmale aufweisen.17

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Literatur

Blum, Roger (2014): Lautsprecher und Widersprecher. Ein Ansatz zum Vergleich der Mediensysteme. Köln. S.34-36.

Wiio, Osmar (1983): The Mass Media Role in the Western World. In: Martin, John L./ Chaudhary, Anju Grover (Hg.): Comparative Mass Media Systems. New York. S. 85-94.

Der explorative Vergleichs-Ansatz nach Hallin und Mancini (2004) zeigt den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Demokratie-Modellen und der Rolle der Massenmedien auf.18 Dabei werden unterschiedliche Demokratie-Typen beschrieben sowie unterschiedliche Merkmale ausgearbeitet.19 Basis dieses Ansatzes ist die Untersuchung von 18 Ländern anhand derer drei Modelle unterschieden werden, die sich auf verschiedene politische Systeme beziehen und unterschiedliche Charakteristiken aufweisen:20

Das erste Modell stellt das Mediterrane oder polarisiert-pluralistische Modell dar. Diesem Modell werden politische Systeme zugeordnet, die erst spät demokratisiert worden sind. Durch die starke Stellung von Parteien, die teilweise das politische System ablehnen, wird das Konfliktmuster des polarisierten Pluralismus diesem Modell zugeordnet. Parteipolitischen und kirchlichen Subkulturen wird eine große Bedeutung eingeräumt. Die Rolle des Staates ist als dirigistisch beschrieben. Es herrscht Außenpluralismus. Die Regierung hat einen großen Einfluss auf die Presse. Diese wird  als Elite-orientiert bezeichnet und charakterisiert sich durch niedrige Auflagen. Ihr wird eine schwache Stellung zugeschrieben. Außerdem stellt sich der Journalismus als sehr meinungsbetont und schwach professionalisiert dar. Es besteht eine starke Verbindung zwischen den Medien und den politischen Parteien. Diesem Modell werden die Länder Italien, Spanien, Portugal sowie Frankreich zugewiesen.

Das Nord/Zentraleuropäische oder demokratisch-korporatistische Modell stellt das zweite Modell des explorativen Vergleich-Ansatzes dar. Diesem werden Länder zugeordnet in denen ein moderater Pluralismus herrscht. Hier wird von einer Macht-Teilung der herrschenden Partei ausgegangen. Die Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen an politischen Entscheidungsprozessen erfolgt durch institutionelle Mitwirkungsformen. Der Rolle des Staates besteht in einer wohlfahrtsstaatlichen Position. Die Gesellschaft ist sehr stark an die Presse gebunden. Sie weist eine starke öffentliche Funktion auf und ist damit auch der gesamten Bevölkerung zugewandt. Des Weiteren wird festgehalten, dass eine mittelstarke Verbindung zwischen den Medien und den politischen Parteien vorhanden ist. Dennoch zeichnet sich der Journalismus durch einen hohen Professionalisierungsgrad aus. Der Staat hat einen großen Einfluss auf die Wirtschaft, schützt allerdings die Pressefreiheit. Diesem Modell werden die Länder Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Niederlande, Belgien, Deutschland, Österreich und die Schweiz zugeordnet.

Das dritte Modell des explorativen Vergleich-Ansatzes ist das Nordatlantische oder liberale Modell. Auch dieses Modell zeichnet sich durch einen moderaten Pluralismus aus. Die herrschende Partei verfügt über eine hohe Machtkonzentration. Die Rolle der Interessengruppen in diesem Modell wird eher in den Hintergrund gerückt, da die individuelle und spontane Repräsentation ein Merkmal des Modells darstellt. Die Rolle des Staates wird dem Liberalismus zugeordnet. Die Stellung der Presse versteht sich als massenorientiert und ist somit der gesamten Bevölkerung zugewandt. Es lässt sich eine besonders schwache Verbindung zwischen den politischen Lagern und der Medienlandschaft feststellen. Der Einfluss des Staates kann hier als schwach bezeichnet werden. Ein sehr hoher Professionalisierungsgrad kennzeichnet den Journalismus hier. Diesem Modell werden die Länder USA, Kanada, Irland und Großbritannien zugeordnet.

Der Explorativer Vergleichs-Ansatz beruht auf empirischen Analysen.21 Da nicht für alle Länder Daten vorhanden waren, stellt dies eine Schwäche des Modells dar. Aufgrund dessen gestaltet sich die Einordnung von einzelnen Mediensystemen oder Ländern schwierig.22

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Literatur

Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.5-11.

Hallin, Daniel C./ Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of Media and Politics. Cambridge.

Ziel dieses Ansatzes ist es Unterschiede zwischen den verschiedenen Mediensystemen, die real auf der Welt existieren, aufzuzeigen.23 Das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Bern (2001) hat hierbei ein Grundschema heraus gearbeitet, das auf sechs Dimensionen basiert und nach drei verschiedenartigen Ausprägungen kategorisiert werden kann.

Dem Grundschema dieses Ansatzes unterliegen sechs Dimensionen: das Regierungssystem, die Medienfreiheit, der Medienbesitz, die Medienfinanzierung, die Medienkultur sowie die Medienorientierung. Diese Dimensionen werden nach drei Ausprägungen kategorisiert: der liberalen Linie (A), der mittleren Linie (B) sowie der regulierten Linie (C). So kann beispielsweise das Regierungssystem eines Landes demokratisch, autorität oder aber totalitär sein oder in einem anderen Fall die Medienkultur als investigativ, ambivalent oder konkordant bezeichnet werden.

Dimension liberale Linie (A) mittlere Linie (B) regulierte Linie (C)
 Regierungssystem Demokratisch Autoritär Totalitär
 Medienfreiheit Zensurverbot Fallweise Zensur Permanente Zensur
 Medienbesitz Privat Privat und Öffentlich Öffentlich
Medienfinanzierung Durch Markt Durch Markt und Staat Durch Staat
Medienkultur Investigativ Ambivalent Konkordant
Medienorientierung Kommerziell Divergent Service-public

Aus diesem Grundschema wurden sieben Medienmodelle herausgearbeitet:

  1. Das liberal-investigative Kommerzmodell stimmt komplett mit der Linie A überein.
  2. Das liberal-ambivalente Mischmodell entspricht der Linie B. Allerdings bilden das politisch demokratische System sowie die Pressefreiheit Ausnahmen. Ein Beispiel für ein solches Land wäre Großbritannien oder Italien.
  3. Das liberal-ambivalente Service public-Model ist durch eine dominierende Rolle der Service-public Orientierung gekennzeichnet, kann aber dennoch in Linie B verortet werden.
  4. Das liberal konkordante Service-public-Modell wird ebenfalls der Linie B zugeordnet bis auf zwei Dimensionen, nämlich Medienkultur und Medienorientierung, die der Linie C entsprechen.
  5. Das kontrolliert-ambivalente Mischmodell kann komplett der Linie B zugeordnet werden.
  6. Das kontrolliert konkordante Service-public-Modell kann mehrheitlich in der Line B verortet werden (autoritäres politisches System, fallweise Zensur, gemischter Medienbesitz, Finanzierung durch Markt und Staat). Die Dimensionen Medienkultur und Medienorientierung entsprechen jedoch der Linie C.
  7. Das dirigiert-konkordante Service-public-Modell stimmt komplett mit der Linie C überein.

Der pragmatische-Differenz-Ansatz untersucht nicht nur Mediensysteme in westlichen Staaten, sondern versucht weitere Mediensysteme, die auf der Welt existieren, differenziert zu beschreiben.24 Dennoch bezieht er zu wenige Dimensionen ein.25 Aufgrund dessen wurde das Grundschema um drei weitere Dimensionen, nämlich politische Kultur, politischer Parallelismus und Staatskontrolle über die Medien erweitert.26

Dimension liberale Linie (A) mittlere Linie (B) regulierte Linie (C)
Regierungssystem Demokratisch Autoritär Totalitär
Politische Kultur Polarisiert Ambivalent Konkordant
Medienfreiheit Zensurverbot Fallweise Zensur Permanente Zensur
Medienbesitz Privat Privat und Öffentlich Öffentlich
Medienfinanzierung Durch Markt Durch Markt und Staat Durch Staat
Politischer Parallelismus Schwach Mittel Stark
Staatskontrolle über die Medien Schwach Mittel Stark
Medienkultur Investigativ Ambivalent Konkordant
Medienorientierung Kommerziell Divergent Service-public

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Literatur

Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.5-11.

In der Transformationsforschung lassen sich viele verschiedene Ursachen für die Entstehung von defekten Mediensystemen feststellen. Neben journalistischen Normen spielen sowohl Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft als auch die mediale Kultur, der sozioökonomische Entwicklungsstand sowie gesellschaftliche externe Parametern als Indikatoren eine essentielle Rolle.27 Töpfl (2011) sieht das Mediensystem als ein Subsystem umgeben von Funktionssystemen, die nicht nur in direkter Wechselwirkung, sondern durch mittelbare Funktionen verbunden sind.28

Damit ein pluralistisches Mediensystem entstehen kann wird davon ausgegangen, dass eine Entkopplung der Medien von dem politischem Entscheidungszentrum auf einer doppelten strukturellen Ebene (Ebene der Medienorganisationen) sowie einer prozessualen Ebene (Ebene der Journalisten) erfolgen muss.29 Diese erfolgt in zwei Phasen:

In der ersten Phase geht es darum den politischen Parteien durch das Mediensystem eine Verbindung zu den Wählern zu vermitteln. Nach Töpfl (2011) ist dies gewährleistet, wenn keine Zensurbehörde existiert sowie keine mehrheitliche Kontrolle der politischen Parteien über die Mediensysteme vorhanden ist.30 An dieser Stelle differenziert Töpfl (2011) zwischen autokratisch-gelenkten und demokratisch-entkoppelten Mediensystemen in jeweils drei verschiedene Ausprägungen.31 Es lassen sich vier verschiedene Mediensysteme feststellen:32

  • Strukturell gelenkte Mediensysteme: Diesem Mediensystem wird das russische Fernsehen zugeordnet. Seit 1991 ist das Mediensystem der russischen Zensur nicht mehr unterlegen, dennoch konnte es sich nicht von den politischen Entscheidungszentren entkoppeln.
  • Vollständig gelenkte Mediensysteme: Als Beispiel werden hier die UdSSR vor 1991 sowie die Tschechoslowakei vor 1989 genannt. Sowohl die Medienorganisationen als auch der Journalismus wurden von einer Zensurbehörde kontrolliert.
  • Prozessual gelenkte Mediensysteme: Das Internetmedium im heutigen China kann für dieses Ebd. S.250.Mediensystem als Beispiel genannt werden.
  • Demokratisch-entkoppelte Mediensysteme: Diese Mediensysteme werden den USA, Deutschland und Tschechien zugeordnet. Sie haben es geschafft beide Kriterien der Entkopplung zu erfüllen.

Die zweite Phase differenziert die demokratisch-entkoppelten Mediensysteme anhand von Indikatoren der Organisationen Freedom House und Reporter ohne Grenzen.33 Aufgrund dieser Faktoren wurde ein Maximalkonzept eines pluralistisch-entkoppelten Mediensystems kreiert.34 Es lassen sich demnach vier Subtypen von demokratisch-entkoppelten Mediensystemen unterscheiden, die sich durch Art und Ausmaß der Abweichungen vom Idealtyp differenzieren lassen:35

  1. Pluralistische Mediensysteme ohne maßgebliche Defekte: Diesem Typ lassen sich die Mediensysteme Deutschlands, Tschechiens und Finnlands zuweisen. Defekte werden nicht ausgeschlossen, dennoch sind diese in einem zu vernachlässigendem Ausmaß zu betrachten.
  2. Pluralistische Mediensysteme mit strukturellen Defekten: Als Beispiel für diesen Typ wird das Medium Fernsehen in den Amtszeiten der Regierung unter Prodi (1996-1998; 2006-2008) genannt. Ein zentraler struktureller Defekt lässt sich am Meinungsmonopol von Berlusconi im Privatfernsehen aufzeigen. Seine Sender beherrschten das Privatfernsehen zu dieser Zeit.
  3. Pluralistische Mediensysteme mit prozessualen Defekten: Diesem Typus wird das Mediensystem in Polen im Jahr 2006 zugeordnet. Durch das Rechtssystem geriet der Journalismus unter Druck. Folglich wurden Geld- und/oder Gefängnisstrafen wegen Beleidigung von Amtsträgern erlassen.
  4. Pluralistische Mediensysteme mit strukturellen und prozessualen Defekten: Das russische Printmediensystem in den 1990er Jahren kann hier als Beispiel für diesen Typen aufgeführt werden. Neben einer hohen Anzahl an Gewalttaten gegen Journalisten als auch etliche Klagen gegenüber Journalisten stellt Töpfl (2011) hier strukturelle als auch prozessuale Defekte fest.

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Literatur

Töpfl, Florian (2011): Mediensysteme in Transformationsprozessen. Wie entstehen pluralistische Mediensysteme – und warum nicht? Baden-Baden. S.241-263.


Quellen

1 Holtz-Bacha, C., 2003. Wie die Freiheit messen? Wege und Probleme der empirischen Bewertung von Pressefreiheit. Die Kommunikationsfreiheit der Gesellschaft 408–411.

2 Vgl. Holtz-Bacha, C., 2003. Wie die Freiheit messen? Wege und Probleme der empirischen Bewertung von Pressefreiheit. Die Kommunikationsfreiheit der Gesellschaft 408–411.

3 Vgl. Transparency International Deutschland e.V [WWW Document], 2002. URL https://www.transparency.de (accessed 22.01.2016).

4 Vgl. Holtz-Bacha, C., 2003. Wie die Freiheit messen? Wege und Probleme der empirischen Bewertung von Pressefreiheit. Die Kommunikationsfreiheit der Gesellschaft 408–411.

5 Vgl. Freedom of the Press – Methodology [WWW Document], 2015. Freedom House. URL https://freedomhouse.org/report/freedom-press-2015/methodology (accessed 22.01.2016).

6 Vgl. Freedom on the Net – Methodology [WWW Document], 2015. Freedom House. URL https://freedomhouse.org/report/freedom-net-2015/methodology-freedom-net-2015 (accessed 22.01.2016).

7 Vgl. Nations in transit – Methodology [WWW Document], 2015. Freedom House. URL https://freedomhouse.org/report/nations-transit-2015/methodology (accessed 22.01.2016).

8 Vgl. Reporter ohne Grenzen [WWW Document], 2015. URL https://www.reporter-ohne-grenzen.de (accessed 22.01.2016).

9 Vgl. Transparency International Deutschland e.V [WWW Document], 2002. URL https://www.transparency.de (accessed 22.01.2016).

10 Vgl. Blum, Roger (2002): Service Public: Welches Konzept für welche Medien?. In: Medienwissenschaft, 1/2002, S.47.

11 Diese Beschreibung beruht auf: Siebert, Fred/ Peterson, Theodore/ Schramm, Wilbur (1956): Four Theories of the Press. Urbana.

12 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.5.

13 Vgl.Ebd. S.5.

14 Diese Beschreibung beruht auf: Wiio, Osmar (1983): The Mass Media Role in the Western World. In: Martin, John L./ Chaudhary, Anju Grover (Hg.): Comparative Mass Media Systems. New York. S. 85-94.

15 Blum, Roger (2014): Lautsprecher und Widersprecher. Ein Ansatz zum Vergleich der Mediensysteme. Köln. S.34.

16 Vgl. Ebd. S.34-35.

17 Blum, Roger (2014): Lautsprecher und Widersprecher. Ein Ansatz zum Vergleich der Mediensysteme. Köln. S.35.

18 Diese Beschreibung beruht auf: Hallin, Daniel C./ Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of Media and Politics. Cambridge.

19 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.6.

20 Vgl. Ebd. S.6-7.

21 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.7.

22 Vgl. Ebd. S.7.

23 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.8-9.

24 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In. Medienwissenschaft Schweiz 2/2005, S.9.

25 Vgl. Ebd. S.9.

26 Vgl. Ebd. S.9.

27 Vgl. Töpfl, Florian (2011): Mediensysteme in Transformationsprozessen. Wie entstehen pluralistische Mediensysteme – und warum nicht? Baden-Baden. S.243.

28 Vgl. Ebd. S.244.

29 Vgl. Ebd. S.250.

30 Vgl. Ebd. S.252.

31 Vgl. Ebd. S.252.

32 Vgl. Ebd. S.252-254.

33 Vgl. Ebd. S.255.

34 Vgl. Ebd. S.257.

35 Vgl. Ebd. S.259-260.

 

 

 

 

 

 

Four Theories of the Press (Normativer Kontingenz‐Ansatz)

Dieser Ansatz ist der älteste der fünf verwendeten Modelle.10 Der Normative Kontingenz-Ansatz nach Siebert, Peterson und Schramm (1956) versucht Mediensysteme systematisch zu unterscheiden und verschiedene Typen abzuzeichnen.11 Demnach werden vier Mediensysteme dargestellt, die durch das jeweils herrschende politische System beeinflusst werden:

Beim Autoritarismus-Modell besteht die Aufgabe der Medien darin, als Diener des Staates zu fungieren. Hierbei sollen sie vor allem zur Stabilität der Regierung dienen. Diese erhält durch das Recht der Verteilung der Lizenzen die Kontrolle über die Medien. Staatliche Zensur ist der Regelfall, wodurch Kritik an der Regierung kaum möglich ist. Der Besitz der Medien kann sowohl öffentlichen Institutionen als auch Privatpersonen zugeordnet werden.

Als Basis des Liberalismus-Modells steht die Kontrolle der Regierung als Hauptaufgabe der Medien im Vordergrund. Medien wirken nicht als Propagandamittel der Regierung, sondern sind verpflichtet die Wahrheit an die Bevölkerung heranzutragen. Aus diesem Grund gibt es keine Zensur oder staatliche Sanktionen gegenüber Kritik an der Regierung. Sie sind in privatem Besitz und konkurrieren auf dem Marktplatz der Wahrheit.

Im Sozialverantwortungsmodell haben Medien die Aufgabe als Forum für Sozialkonflikte zu agieren. Sie sollen unterschiedliche Perspektiven vertreten, verschiedene Standpunkte darlegen und nicht nur dem Großkapitalismus dienen. Die hohen Standards durch die Berufsethik der Journalisten, sowie der Verortung der Medien neben privatem Medienbesitz im öffentlichen Dienst, verpflichtet sie zu Professionalität.

Im Kommunismus-Modell unterliegen die Medien der Kontrolle des Staates. Sie agieren als Diener des Systems und tragen zu dessen Stabilität bei. Vor allem Ziele der Partei sollen durch die Medien an die Gesellschaft herangetragen und realisiert werden. Wie auch im Autoritarismus-Modell gibt es keinen Raum für Kritik am Staat, denn dieser ist zur Zensur und Überwachung befähigt. Der Besitz der Medien wird im öffentlichen Dienst verortet.

Vor allem in den 1980er Jahren wurde oftmals versucht dieses Modell zu erweitern, da es als zu schematisch wahrgenommen wurde.12 Des Weiteren können viele real existierende Mediensysteme nicht konkret einem dieser Modelle zugeordnet werden.13

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Contingency Model of Communication (Analytischer Kontingenz‐Ansatz)

Das Contingency Model of Communication nach dem Kommunikationswissenschaftler Osmo Wiio (1983) differenziert Typologien in unterschiedlichen Kontexten, die bestimmte Eigenschaften und Merkmale unterschiedlicher Mediensysteme aufzeigen und verdeutlichen.14 Die Four-Theories of the Press werden kritisch hinterfragt und durch unterschiedliche Kontextfaktoren beleuchtet.15 Hierbei werden vielfältige Faktoren mit dem Ziel Mediensysteme erkennbar einordnen zu können, analysiert und herausgearbeitet:16

Wiio (1983) hinterfragt zunächst die Offenheit bzw. Geschlossenheit von Produktions- und Rezeptionssystemen und stellt dabei vier unterschiedliche Typen fest:Offene Produktion und offene Rezeption: Jeder hat die Möglichkeit kommunikative Botschaften/Aussagen zu versenden, sowie jegliche Botschaften/Aussagen zu empfangen. Es wird von einer offenen Massenkommunikation ausgegangen. Dieses Modell ist typisch für Länder westlichen Typs.

  • Offene Produktion und geschlossene Rezeption: Jeder hat die Möglichkeit kommunikative Botschaften/Aussagen zu versenden, die Kanäle jedoch sind bereits selektiert. Hier wird von einer gelenkten Massenkommunikation ausgegangen. Dieses Modell lässt sich Entwicklungsländern zuordnen.
  • Geschlossenen Produktion und offene Rezeption: Aufgrund von Zensur darf nur ein bestimmter Kreis von Kommunikatoren Botschaften/Aussagen versenden, dennoch ist es jedem möglich diese zu rezipieren. In diesem Modell wird von kontrollierter Massenkommunikation ausgegangen, die in sozialistischen Ländern, Ein-Partei-Systemen und autoritären Diktaturen verortet werden.
  • Geschlossene Produktion und geschlossene Rezeption: Auch in diesem Modell ist nur ein bestimmter Kreis an Kommunikatoren befugt Botschaften/Aussagen zu versenden. Des Weiteren sind die Kanäle selektiert. Es wird von privater Kommunikation primitiver Gesellschaften ausgegangen.

In einem nächsten Schritt werden Medienbesitz und Medienkontrolle genauer untersucht und beschrieben. Auch hier lassen sich vier verschiedene Typen differenzieren:

  • Privater Medienbesitz und dezentralisierte Medienkontrolle: Dieser Typ lässt sich der freien Presse in Westeuropa sowie der Presse in den USA zuordnen.
  • Privater Medienbesitz und zentralisierte Medienkontrolle: Die Presse in Lateinamerika kann diesem Modell zugewiesen werden.
  • Öffentlicher Medienbesitz und dezentralisierte Medienkontrolle: Dieses Modell betrifft das Rundfunksystem einiger Länder Westeuropas.
  • Öffentlicher Medienbesitz und zentralisierte Medienkontrolle: Sozialistischen Ländern sowie Entwicklungsländern kann dieses Modell zugeordnet werden.

In einem weiteren Schritt werden die Kommunikationsrechte hinterfragt. Auch hier kann man vier Typen unterscheiden:

  • Das Individuum hat das Recht zu senden und zu empfangen: Dieser Typ wird dem Liberalismus-Modell, den Four Theories of the Press entsprechend, zugeordnet. Die USA wäre ein Beispiel für diesen Typ.
  • Das Individuum hat das Recht zu senden, die Gesellschaft hat das Recht zu empfangen: Das Autoritarismus-Modell, gemäß den Four Theories of the Press, entspricht diesem Typ. Als Beispiele für diesen Typen gilt Nazi-Deutschland sowie Franco-Spanien.
  • Die Gesellschaft hat das Recht zu senden, das Individuum hat das Recht zu empfangen: Der Großteil der westlichen Länder wird diesem Typ zugeordnet. Er entspricht dem Sozialverantwortungs-Modell nach den Four Theories of the Press.
  • Die Gesellschaft hat das Recht zu senden und zu empfangen: China und die Sowjetunion dienen hier als Beispielländer. Dieser Typ wird dem Kommunismus-Modell laut den Four Theories of the Press

Der analytische Kontingenz-Ansatz zeigt, dass Mediensysteme komplexe Modelle darstellen, die je nach Blickwinkel andere Muster und vielfältige Merkmale aufweisen.17

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Comparing Media Systems (Explorativer Vergleichs‐Ansatz)

Der explorative Vergleichs-Ansatz nach Hallin und Mancini (2004) zeigt den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Demokratie-Modellen und der Rolle der Massenmedien auf.18 Dabei werden unterschiedliche Demokratie-Typen beschrieben sowie unterschiedliche Merkmale ausgearbeitet.19 Basis dieses Ansatzes ist die Untersuchung von 18 Ländern anhand derer drei Modelle unterschieden werden, die sich auf verschiedene politische Systeme beziehen und unterschiedliche Charakteristiken aufweisen:20

Das erste Modell stellt das Mediterrane oder polarisiert-pluralistische Modell dar. Diesem Modell werden politische Systeme zugeordnet, die erst spät demokratisiert worden sind. Durch die starke Stellung von Parteien, die teilweise das politische System ablehnen, wird das Konfliktmuster des polarisierten Pluralismus diesem Modell zugeordnet. Parteipolitischen und kirchlichen Subkulturen wird eine große Bedeutung eingeräumt. Die Rolle des Staates ist als dirigistisch beschrieben. Es herrscht Außenpluralismus. Die Regierung hat einen großen Einfluss auf die Presse. Diese wird  als Elite-orientiert bezeichnet und charakterisiert sich durch niedrige Auflagen. Ihr wird eine schwache Stellung zugeschrieben. Außerdem stellt sich der Journalismus als sehr meinungsbetont und schwach professionalisiert dar. Es besteht eine starke Verbindung zwischen den Medien und den politischen Parteien. Diesem Modell werden die Länder Italien, Spanien, Portugal sowie Frankreich zugewiesen.

Das Nord/Zentraleuropäische oder demokratisch-korporatistische Modell stellt das zweite Modell des explorativen Vergleich-Ansatzes dar. Diesem werden Länder zugeordnet in denen ein moderater Pluralismus herrscht. Hier wird von einer Macht-Teilung der herrschenden Partei ausgegangen. Die Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen an politischen Entscheidungsprozessen erfolgt durch institutionelle Mitwirkungsformen. Der Rolle des Staates besteht in einer wohlfahrtsstaatlichen Position. Die Gesellschaft ist sehr stark an die Presse gebunden. Sie weist eine starke öffentliche Funktion auf und ist damit auch der gesamten Bevölkerung zugewandt. Des Weiteren wird festgehalten, dass eine mittelstarke Verbindung zwischen den Medien und den politischen Parteien vorhanden ist. Dennoch zeichnet sich der Journalismus durch einen hohen Professionalisierungsgrad aus. Der Staat hat einen großen Einfluss auf die Wirtschaft, schützt allerdings die Pressefreiheit. Diesem Modell werden die Länder Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Niederlande, Belgien, Deutschland, Österreich und die Schweiz zugeordnet.

Das dritte Modell des explorativen Vergleich-Ansatzes ist das Nordatlantische oder liberale Modell. Auch dieses Modell zeichnet sich durch einen moderaten Pluralismus aus. Die herrschende Partei verfügt über eine hohe Machtkonzentration. Die Rolle der Interessengruppen in diesem Modell wird eher in den Hintergrund gerückt, da die individuelle und spontane Repräsentation ein Merkmal des Modells darstellt. Die Rolle des Staates wird dem Liberalismus zugeordnet. Die Stellung der Presse versteht sich als massenorientiert und ist somit der gesamten Bevölkerung zugewandt. Es lässt sich eine besonders schwache Verbindung zwischen den politischen Lagern und der Medienlandschaft feststellen. Der Einfluss des Staates kann hier als schwach bezeichnet werden. Ein sehr hoher Professionalisierungsgrad kennzeichnet den Journalismus hier. Diesem Modell werden die Länder USA, Kanada, Irland und Großbritannien zugeordnet.

Der Explorativer Vergleichs-Ansatz beruht auf empirischen Analysen.21 Da nicht für alle Länder Daten vorhanden waren, stellt dies eine Schwäche des Modells dar. Aufgrund dessen gestaltet sich die Einordnung von einzelnen Mediensystemen oder Ländern schwierig.22

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Pragmatischer Differenz‐Ansatz

Ziel dieses Ansatzes ist es Unterschiede zwischen den verschiedenen Mediensystemen, die real auf der Welt existieren, aufzuzeigen.23 Das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Bern (2001) hat hierbei ein Grundschema heraus gearbeitet, das auf sechs Dimensionen basiert und nach drei verschiedenartigen Ausprägungen kategorisiert werden kann.

Dem Grundschema dieses Ansatzes unterliegen sechs Dimensionen: das Regierungssystem, die Medienfreiheit, der Medienbesitz, die Medienfinanzierung, die Medienkultur sowie die Medienorientierung. Diese Dimensionen werden nach drei Ausprägungen kategorisiert: der liberalen Linie (A), der mittleren Linie (B) sowie der regulierten Linie (C). So kann beispielsweise das Regierungssystem eines Landes demokratisch, autorität oder aber totalitär sein oder in einem anderen Fall die Medienkultur als investigativ, ambivalent oder konkordant bezeichnet werden.

Dimension liberale Linie (A) mittlere Linie (B) regulierte Linie (C)
 Regierungssystem Demokratisch Autoritär Totalitär
 Medienfreiheit Zensurverbot Fallweise Zensur Permanente Zensur
 Medienbesitz Privat Privat und Öffentlich Öffentlich
Medienfinanzierung Durch Markt Durch Markt und Staat Durch Staat
Medienkultur Investigativ Ambivalent Konkordant
Medienorientierung Kommerziell Divergent Service-public

Aus diesem Grundschema wurden sieben Medienmodelle herausgearbeitet:

  1. Das liberal-investigative Kommerzmodell stimmt komplett mit der Linie A überein.
  2. Das liberal-ambivalente Mischmodell entspricht der Linie B. Allerdings bilden das politisch demokratische System sowie die Pressefreiheit Ausnahmen. Ein Beispiel für ein solches Land wäre Großbritannien oder Italien.
  3. Das liberal-ambivalente Service public-Model ist durch eine dominierende Rolle der Service-public Orientierung gekennzeichnet, kann aber dennoch in Linie B verortet werden.
  4. Das liberal konkordante Service-public-Modell wird ebenfalls der Linie B zugeordnet bis auf zwei Dimensionen, nämlich Medienkultur und Medienorientierung, die der Linie C entsprechen.
  5. Das kontrolliert-ambivalente Mischmodell kann komplett der Linie B zugeordnet werden.
  6. Das kontrolliert konkordante Service-public-Modell kann mehrheitlich in der Line B verortet werden (autoritäres politisches System, fallweise Zensur, gemischter Medienbesitz, Finanzierung durch Markt und Staat). Die Dimensionen Medienkultur und Medienorientierung entsprechen jedoch der Linie C.
  7. Das dirigiert-konkordante Service-public-Modell stimmt komplett mit der Linie C überein.

Der pragmatische-Differenz-Ansatz untersucht nicht nur Mediensysteme in westlichen Staaten, sondern versucht weitere Mediensysteme, die auf der Welt existieren, differenziert zu beschreiben.24 Dennoch bezieht er zu wenige Dimensionen ein.25 Aufgrund dessen wurde das Grundschema um drei weitere Dimensionen, nämlich politische Kultur, politischer Parallelismus und Staatskontrolle über die Medien erweitert.26

Dimension liberale Linie (A) mittlere Linie (B) regulierte Linie (C)
Regierungssystem Demokratisch Autoritär Totalitär
Politische Kultur Polarisiert Ambivalent Konkordant
Medienfreiheit Zensurverbot Fallweise Zensur Permanente Zensur
Medienbesitz Privat Privat und Öffentlich Öffentlich
Medienfinanzierung Durch Markt Durch Markt und Staat Durch Staat
Politischer Parallelismus Schwach Mittel Stark
Staatskontrolle über die Medien Schwach Mittel Stark
Medienkultur Investigativ Ambivalent Konkordant
Medienorientierung Kommerziell Divergent Service-public

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Typologie defekter Mediensysteme

In der Transformationsforschung lassen sich viele verschiedene Ursachen für die Entstehung von defekten Mediensystemen feststellen. Neben journalistischen Normen spielen sowohl Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft als auch die mediale Kultur, der sozioökonomische Entwicklungsstand sowie gesellschaftliche externe Parametern als Indikatoren eine essentielle Rolle.27 Töpfl (2011) sieht das Mediensystem als ein Subsystem umgeben von Funktionssystemen, die nicht nur in direkter Wechselwirkung, sondern durch mittelbare Funktionen verbunden sind.28

Damit ein pluralistisches Mediensystem entstehen kann wird davon ausgegangen, dass eine Entkopplung der Medien von dem politischem Entscheidungszentrum auf einer doppelten strukturellen Ebene (Ebene der Medienorganisationen) sowie einer prozessualen Ebene (Ebene der Journalisten) erfolgen muss.29 Diese erfolgt in zwei Phasen:

In der ersten Phase geht es darum den politischen Parteien durch das Mediensystem eine Verbindung zu den Wählern zu vermitteln. Nach Töpfl (2011) ist dies gewährleistet, wenn keine Zensurbehörde existiert sowie keine mehrheitliche Kontrolle der politischen Parteien über die Mediensysteme vorhanden ist.30 An dieser Stelle differenziert Töpfl (2011) zwischen autokratisch-gelenkten und demokratisch-entkoppelten Mediensystemen in jeweils drei verschiedene Ausprägungen.31 Es lassen sich vier verschiedene Mediensysteme feststellen:32

  • Strukturell gelenkte Mediensysteme: Diesem Mediensystem wird das russische Fernsehen zugeordnet. Seit 1991 ist das Mediensystem der russischen Zensur nicht mehr unterlegen, dennoch konnte es sich nicht von den politischen Entscheidungszentren entkoppeln.
  • Vollständig gelenkte Mediensysteme: Als Beispiel werden hier die UdSSR vor 1991 sowie die Tschechoslowakei vor 1989 genannt. Sowohl die Medienorganisationen als auch der Journalismus wurden von einer Zensurbehörde kontrolliert.
  • Prozessual gelenkte Mediensysteme: Das Internetmedium im heutigen China kann für dieses Ebd. S.250.Mediensystem als Beispiel genannt werden.
  • Demokratisch-entkoppelte Mediensysteme: Diese Mediensysteme werden den USA, Deutschland und Tschechien zugeordnet. Sie haben es geschafft beide Kriterien der Entkopplung zu erfüllen.

Die zweite Phase differenziert die demokratisch-entkoppelten Mediensysteme anhand von Indikatoren der Organisationen Freedom House und Reporter ohne Grenzen.33 Aufgrund dieser Faktoren wurde ein Maximalkonzept eines pluralistisch-entkoppelten Mediensystems kreiert.34 Es lassen sich demnach vier Subtypen von demokratisch-entkoppelten Mediensystemen unterscheiden, die sich durch Art und Ausmaß der Abweichungen vom Idealtyp differenzieren lassen:35

  1. Pluralistische Mediensysteme ohne maßgebliche Defekte: Diesem Typ lassen sich die Mediensysteme Deutschlands, Tschechiens und Finnlands zuweisen. Defekte werden nicht ausgeschlossen, dennoch sind diese in einem zu vernachlässigendem Ausmaß zu betrachten.
  2. Pluralistische Mediensysteme mit strukturellen Defekten: Als Beispiel für diesen Typ wird das Medium Fernsehen in den Amtszeiten der Regierung unter Prodi (1996-1998; 2006-2008) genannt. Ein zentraler struktureller Defekt lässt sich am Meinungsmonopol von Berlusconi im Privatfernsehen aufzeigen. Seine Sender beherrschten das Privatfernsehen zu dieser Zeit.
  3. Pluralistische Mediensysteme mit prozessualen Defekten: Diesem Typus wird das Mediensystem in Polen im Jahr 2006 zugeordnet. Durch das Rechtssystem geriet der Journalismus unter Druck. Folglich wurden Geld- und/oder Gefängnisstrafen wegen Beleidigung von Amtsträgern erlassen.
  4. Pluralistische Mediensysteme mit strukturellen und prozessualen Defekten: Das russische Printmediensystem in den 1990er Jahren kann hier als Beispiel für diesen Typen aufgeführt werden. Neben einer hohen Anzahl an Gewalttaten gegen Journalisten als auch etliche Klagen gegenüber Journalisten stellt Töpfl (2011) hier strukturelle als auch prozessuale Defekte fest.