Politische und staatliche Kennziffern

Staatsform Parlamentarische Republik
Regierungssystem Parlamentarische Demokratie
Human Development Index 0,818
Einwohnerzahl 4.284.889 (Stand 2011)
Einwohner / km² 791

Mediensystem, Medienmarkt

Organisationsform der Presse

Der Printmarkt in Kroatien wurde in den letzten zwei Jahrzehnten stark liberalisiert und wird inzwischen von einer kleinen Anzahl ausländischer Investoren kontrolliert. Schätzungen zufolge ist die Europapress Holding (EPH) im Besitz von ca. 60 Prozent der Marktanteile. Ein weiterer Medienkonzern ist die österreichische Styria Media International AG.2
Kritik am Mediensystem gibt es nicht selten. Nicht zuletzt wird dabei die zunehmende Kommerzialisierung der Presse bemängelt, die vor allem den wirtschaftlichen Interessen der internationalen Investoren geschuldet ist.3

Konzentration des Pressemarkts

Der Printmarkt umfasst eine große Zahl von Zeitungen und Zeitschriften (850-2.525), weshalb er einerseits dynamisch, andererseits auch sehr unübersichtlich ist.4 Die größte Tageszeitung ist dabei 24sata (Styria), gefolgt von der Jutarnji List (EPH).5
Die herausragende Stellung der beiden Medienkonzerne EPH und Styria in der insgesamt recht vielzähligen Medienlandschaft spricht für einen stark konzentrierten Pressemarkt.

Organisation des Rundfunks

Seit dem Regierungswechsel im Jahr 2000 (Ende der Tuđman-Ära) gibt es in Kroatien ein duales Rundfunksystem. Während bei den Radiosendern vorwiegend ein regionaler Wettbewerb herrscht, werden beim Fernsehen mit einem durchschnittlichen Zuschaueranteil von 92,2 Prozent eher die nationalen Sender genutzt. Marktführer sind dabei die öffentlichen Sender HRT 1 und HRT 2, deren Programmschwerpunkt auf Nachrichten-, Bildungs-, Kultur- und Sportsendungen liegt. Auf den privaten Sendern RTL und Nova TV werden hingegen größtenteils Comedy- und Dramaserien, bzw. bei Letzterem Filme, Serien und Soaps gezeigt.6

Konzentration des Rundfunkmarktes

Zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern HRT 1, HRT 2 und den kommerziell orientierten privaten Sendern RTL und Nova TV herrscht in Kroatien ein reger Wettkampf um die Marktführung, etwa wie in Deutschland, wobei auch hier die öffentlich-rechtlichen Sender weit mehr Glaubwürdigkeit innerhalb der Bevölkerung genießen.7 Die Vielzahl der jeweiligen Veranstalter und Unternehmensgruppen lässt im Gegensatz zum Printbereich auf eine eher geringe Konzentration des Rundfunkmarktes schließen.

Organisation des Internets

Für Kroatien liegen bisher kaum Informationen über die Organisation des Internets vor. Deshalb kann an dieser Stelle kein Datenmaterial analysiert werden.

Kommunikative Grundordnung – Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit in…

…der Verfassungstheorie

Nach Ende der Tuđman-Ära bemühte sich Kroatien mehr und mehr um den Beitritt zur EU und damit auch um eine westlichere Ausrichtung seines Mediensystems. Der Beitritt wurde letztlich im Juli 2013 offiziell. Demzufolge wurden auch in Richtung der Pressefreiheit Verbesserungen unternommen und diese in Artikel 38 der Verfassung von 2010 verankert:

„Meinungsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung werden gewährleistet. Die Freiheit der Meinungsäußerung schließt insbesondere die Freiheit der Presse und anderer Kommunikationsmittel, die Redefreiheit, die Freiheit öffentlichen Auftretens und die freie Gründung aller öffentlichen Einrichtungen der öffentlichen Berichterstattung ein.

Die Zensur ist verboten. Journalisten haben das Recht auf freie Berichterstattung und freien Zugang zu Informationen.

Das Recht auf den Zugang zu Informationen, die in Besitz von Behörden stehen, wird gewährleistet. […]

Jedem, dem durch eine öffentliche Nachricht ein durch die Verfassung oder das Gesetz zuerkanntes Recht verletzt wurde, wird das Recht auf Gegendarstellung gewährleistet.“ 8
Verschiedene Autoren bemängeln jedoch die fehlende Konkretheit des Verfassungstextes. Zu ungenau würden hier die Medienfreiheit und deren Grenzen definiert.
Freiheitsstrafen für Journalisten wurden in den letzten Jahren aus dem Strafgesetzbuch entfernt, Verleumdung stellt allerdings noch immer eine strafbare Handlung dar.9

…der Regulierung des Presse- und Rundfunkmarkts

Die kroatischen Medien werden durch das Gesetz über die Medien, das Gesetz über die elektronischen Medien, das Gesetz über HRT und das Gesetz über das Recht auf freien Informationszugang reguliert.
Die Regulierung und Lizensierung des Medienmarktes wird dabei von zwei Räten übernommen. Zum einen vom HRT-Rat, der eigens für die Programmgestaltung des gleichnamigen öffentlich-rechtlichen Senders zuständig ist. Zum anderen vom Rat für elektronische Medien, der sich mit der Zulassung von Rundfunklizenzen und Konzessionen befasst. Während die Mitglieder des HRT-Rates von zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgeschlagen werden, besteht der Rat für elektronische Medien aus sieben Mitgliedern, die auf Empfehlung der Regierung gewählt werden. Hier zeichnen sich der immer noch bestehende Druck seitens der Politik und der damit verbundene Mangel an Einfluss der Zivilgesellschaft ab.10

…der Regulierung des Internets

Nachdem das Internet in Kroatien in früheren Zeiten keine große Rolle spielte, hat sich im letzten Jahrzehnt eine beachtliche Internet-Szene entwickelt, in der vor allem Social Media Seiten als wichtige Informationsquelle beurteilt werden.11
Im Jahr 2008 wurde dazu ein Gesetz zur Regelung elektronischer Kommunikation verabschiedet.12

Indizes Korruption und Pressefreiheit

Freedom of the Press

Ranking: 80

Score: 40

13 Zwar haben sich die Bedingungen der Presse seit 2000 doch deutlich verbessert, das Mediensystem in Kroatien wird allerdings immer noch nur als teilweise frei eingestuft. Mit umfassenderen Mediengesetzen, die sich mehr und mehr an europäische Standards anpassen, wurden erste Verbesserungen eingeleitet. Allerdings erkennt man immer noch einen großen Einfluss von politischer und wirtschaftlicher Seite sowie schwerwiegende Eingriffe in die journalistische Arbeit.

Freedom on the Net

Ranking: k.A.

Score: k.A.

Democracy Score

Ranking: 11

Score: 3.68

14 Im Ländervergleich wird Kroatien im vorderen Mittelfeld eingeordnet und mit einem Democracy Score von 3.68 als Semi-Consolidated Democracy eingestuft.

Reporter ohne Grenzen

Ranking: 58

Score: 26,12

15 Im ROG- Länderranking nimmt Kroatien Rang 58 von 180 ein. Im europäischen Vergleich wird damit einer der hinteren Plätze belegt.

Transparency International

Ranking: 50

Score: 51

16 Kroatien ist infolge der Beitrittsbemühungen zur EU deutlich intensiver gegen Korruption vorgegangen, allerdings scheint sie für den Großteil der Bevölkerung noch immer ein Bestandteil des täglichen Lebens zu sein, was sich auch im CPI Score von TI widerspiegelt.

Wissenschaftliche Einteilung in Pressetypen

Contingency Model of Communication

Betrachtet man das Mediensystem vor dem Hintergrund verschiedener medientheoretischer Ansätze, lässt sich der Transformationsprozess anschaulich darstellen. Nach dem Contingency Model of Communication17 kann man erkennen, dass sich die Medien von einer vom Staat kontrollierten Massenkommunikation hin zu einer inzwischen gelenkten Massenkommunikation entwickelt haben. Weiterhin lässt sich sagen, dass das Mediensystem sowohl privat als auch öffentlich ausgelegt ist und die Medienkontrolle aufgrund der Politik oder einflussreicher Investoren immer noch teilweise stark zentriert ist.

Comparing Media System

Der Comparing Media System18-Ansatz von Hallin und Mancini umfasst vor allem die geografischen Regionen Südeuropa, Nord- und Mitteleuropa sowie Nordamerika. Aus diesem Grund fällt die Einordnung osteuropäischer bzw. postkommunistischer Länder schwer.19 Versucht man dennoch eine Einordnung Kroatiens anhand dieser Kategorien, lassen sich zumindest einige Aussagen treffen. Bezüglich der politischen Dimensionen spricht man von einem moderaten Pluralismus, der vor allem durch die Vielzahl der Parteien begründet wird.20 Aufgrund der teilweise staatlichen Eingriffe in den Markt kann man bei der Dimension Staatsrolle von Dirigismus sprechen. Betrachtet man nun die medialen Dimensionen, lässt sich zusammenfassen, dass die Presse in Kroatien eher massenorientiert ausgerichtet ist und die Erzeugnisse eher mittlere Auflagen haben. Überdies ist ein mittel bis stark ausgeprägter politischer Parallelismus erkennbar. Zuletzt werden die Medien teilweise von Seiten der Politik beeinflusst und weisen aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung oftmals mangelnde Professionalität auf. Somit kann man das Land zwischen dem polarisiert-pluralistischen und dem demokratisch-korporatistischen Modell verorten.

Pragmatischer Differenz-Ansatz

Blums 2001 entwickelter Pragmatischer Differenz-Ansatz21charakterisiert zunächst drei verschiedene Linien: Die liberale, die mittlere und die regulierte Linie. Die Einordnung des kroatischen Mediensystems variiert dabei stark zwischen der liberalen und der mittleren Linie und weist im Fall der Medienkultur sogar Merkmale der regulierten Linie auf. So zeigt Kroatien inzwischen ein offiziell demokratisches Regierungssystem mit gesetzlich festgelegtem Zensurverbot. Das Bild trügt allerdings aufgrund der teilweise stark vorhandenen Selbstzensur.
Der Rundfunk befindet sich teils in öffentlichem und privatem Besitz, im Printbereich sind die Medien fast ausschließlich in der Hand privater Investoren und werden sowohl durch den Markt, als auch den Staat finanziert. Die Medienorientierung geht von divergent im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bis hin zu kommerziell im privaten Fernseh- und Pressebereich. Betrachtet man den Faktor Medienkultur, trifft am ehesten die Ausprägung konkordant zu, da ein Großteil der Medien (vor allem das öffentlich-rechtliche Fernsehen) sehr politiknah berichtet. Es gibt allerdings auch investigative Medien, deren Arbeit jedoch zum Teil deutlich erschwert wird (siehe auch 5.4). Hier bleibt abzuwarten, ob diese positiven Entwicklungen für einen Aufschwung im Bereich Qualitätsjournalismus sorgen.22

Typologie defekter Mediensysteme

Ähnlich wie die Politik durchlebte auch das Mediensystem nach dem Zerfall Jugoslawiens und der Tuđman-Ära ab 1999 einen Transformationsprozess. Waren in dem autokratisch und nationalistisch geführten Kroatien unter Tuđman die Medien nahezu ausschließlich von der Politik geleitet, orientierten sich die Politik und auch die Medienlandschaft nach dem Regierungswechsel im Jahr 2000 mehr und mehr in Richtung westlicher Standards. Dennoch kann man in diesem Fall noch immer von einer Form der defekten Demokratie sprechen, die sich vor allem durch bereits geschilderte Einschränkungen in der Presse- und Medienfreiheit, aber auch im Einfluss informeller Akteure, wie beispielsweise der kroatischen Mafia, offenbart.
Betrachtet man die Typologie defekter Mediensysteme23 lässt sich Kroatien wohl am ehesten als pluralistisches Mediensystem mit prozessualen Defekten beschreiben. Auch heute wird noch Kritik laut, dass die Presse weiterhin von den politischen Interessen der Regierung oder wirtschaftlichen Einflüssen gelenkt wird. Als Folge geraten Journalisten unter Druck, die Professionalität leidet und unliebsamen Medien wird der Zugang zu Informationen erschwert.24

Four Theories of the Press

Nach den Four Theories of the Press25 zeigten die Medien zu Zeiten Jugoslawiens noch Merkmale eines Kommunistischen Modells, in dem sie vor allem durch den Staat überwacht wurden und Diener des Systems waren. Unter Tuđman kam die erste Wende hin zu einem Autoritarismus-Modell, in dem sie nun vielmehr die Rolle als Diener des Staates und der Politik einnahmen und zum Großteil öffentlich und privat organisiert waren. Die Bemühungen in den letzten Jahren, zu denen unter anderem die zunehmende Privatisierung der Medien fällt, bahnen zwar mehr und mehr den Weg zu einem Liberalismus-Modell, in dem Medien als Informationsquelle dienen und die Regierung kontrollieren. Bis es soweit ist, sind jedoch noch zahlreiche Entwicklungen und Veränderungen notwendig.

Stand: Februar 2016

Quellen

1 Vgl. Wikipedia: Kroatien. 26.01.2016 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kroatien&oldid=150713383, Zugriff am: 27.01.2016

2 Vgl. Plenković, Mario/Kučiš, Vlasta (2009): Das Mediensystem Kroatiens. In: Hans-Bredow-Institut (Hg): Internationales Handbuch Medien. Baden Baden. S. 396f.

3 Vgl. Buchfelder, Angela (2012): Pressefreiheit in Kroatien. In: Dittmar, Jakob F. / Knilli, Friedrich (Hg.): Berliner Schriften zur Medienwissenschaft. Berlin. S. 28.

4 Vgl. Popović, Helena/Bilić, Paško/Jelić, Tomislav/Švob-Ðokić, Nada (2010): Media policies and regulatory practices in a selectes set of European countries, the EU and the Council of Europe: The case of Croatia. Zagreb. S. 7.

5 Vgl. Buchfelder, Angela (2012): Pressefreiheit in Kroatien. In: Dittmar, Jakob F. / Knilli, Friedrich (Hg.): Berliner Schriften zur Medienwissenschaft. Berlin. S. 25.

6 Vgl. Popović, Helena/Bilić, Paško/Jelić, Tomislav/Švob-Ðokić, Nada (2010): Media policies and regulatory practices in a selectes set of European countries, the EU and the Council of Europe: The case of Croatia. Zagreb. S. 10.

7 Vgl. Christova, Christiana/Förger, Dirk. (2009): Medien in Kroatien. Zwischen nationaler Vergangenheit und europäischer Zukunft. In: Auslandsinformationen, 11/2009, S. 29.

8 Verfassung der Republik Kroatien (2010). Original abrufbar auf: http://www.sabor.hr/Default.aspx?art=1891. (Bereinigte und übersetzte Version)

9 Vgl. Popović, Helena/Bilić, Paško/Jelić, Tomislav/Švob-Ðokić, Nada (2010): Media policies and regulatory practices in a selectes set of European countries, the EU and the Council of Europe: The case of Croatia. Zagreb. S. 19.

10 Vgl. Popović, Helena/Bilić, Paško/Jelić, Tomislav/Švob-Ðokić, Nada (2010): Media policies and regulatory practices in a selectes set of European countries, the EU and the Council of Europe: The case of Croatia. Zagreb. S. 16.

11 Vgl. Popović, Helena/Bilić, Paško/Jelić, Tomislav/Švob-Ðokić, Nada (2010): Media policies and regulatory practices in a selectes set of European countries, the EU and the Council of Europe: The case of Croatia. Zagreb. S. 7.

12 Vgl. Christova, Christiana/Förger, Dirk. (2009): Medien in Kroatien. Zwischen nationaler Vergangenheit und europäischer Zukunft. In: Auslandsinformationen, 11/2009, S. 31.

13 Freedom House: Freedom of the Press. Croatia. https://freedomhouse.org/report/freedom-press/2015/croatia, Zugriff am: 23.01.2016.

14 Freedom House: Nations in Transit 2015. Croatia, https://freedomhouse.org/report/nations-transit/2015/croatia, Zugriff am: 23.01.2016.

15 Reporter ohne Grenzen: Rangliste der Pressefreiheit 2015. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Presse/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2015/Rangliste_der_Pressefreiheit_2015.pdf, Zugriff am: 23.01.2016.

16 Transparency International: Corruption Perceptions Index 2015: Results. http://www.transparency.org/cpi2015#results-table, Zugriff am: 27.01.2016.

17 Vgl. Wiio, Osmar. (1983): The Mass Media Role in the Western World. In: Martin, John L. / Chaudhary, Anju Grover (Hg.): Comparative Mass Media Systems. New York. S. 85-94.

18 Vgl. Hallin, Daniel C./Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of Media and Politics. Cambridge.

19 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In: Medienwissenschaft Schweiz, 2/2005, S.8.

20 Vgl. Wikipedia: Politisches System Kroatiens. 26.11.2015. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Politisches_System_Kroatiens&oldid=148415283, Zugriff am: 27.01.2016.

21 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme, In: Medienwissenschaft Schweiz, 2/2005, S.5-11.

22 Vgl. Backovic, Lazar (2011): Der Zusammenhang zwischen Demokratisierung und der Entwicklung des Mediensystems in den postsozialistischen Staaten Südosteuropas. Die Rolle der Medien im kroatischen Transformationsprozess. In: ISPM Arbeitspapier, 1/2011, S. 49.

23 Vgl. Töpfl, Florian (2011): Mediensysteme in Transformationsprozessen. Wie entstehen pluralistische Mediensysteme – und warum nicht? Baden-Baden. S.241-263.

24 Vgl. Mautner, Tatjana/Dikic, Mirjana: Freie Medien, aber unfreie Journalisten. 07.05.2010. http://www.dw.com/de/freie-medien-aber-unfreie-journalisten/a-5536238, Zugriff am: 24.01.2016

25 Vgl. Siebert, Fred/Peterson, Theodore/Schramm, Wilbur (1956): Four Theories of the Press. Urbana.