Politische und staatliche Kennziffern

Staatsform Republik
Regierungssystem Semipräsidentielles Regierungssystem
Human Development Index 0,839
Einwohnerzahl 2,9 Millionen
Einwohner / km² 45

Mediensystem, Medienmarkt

Organisationsform der Presse

Die Organisationsform der Presse ist stark privat-kommerzieller Natur. Die größten Verlage gehören entweder vermögenden privaten Unternehmern, ausländischen Medienkonzernen oder sind im Streubesitz mehrerer Investoren aus Litauen und Westeuropa.1

Konzentration des Pressemarkts

In Litauen erscheinen jedes Jahr ca. 300 Zeitungen und Zeitschriften. Die nach Auflagen größte litauische Tageszeitung ist Lietuvos rytas2 und hat ebenfalls eine Web-Präsenz.
Allgemein gehen die Auflagenzahlen stets zurück. Die Aufhebung von vergünstigter Mehrwertsteuer für Printmedien sowie Internetverbreitung sind für diese Tendenz hauptsächlich verantwortlich. Überregionale Zeitungen spielen im Gegensatz zu regionalen und Kulturzeitungen eine untergeordnete Rolle.3

Organisation des Rundfunks

Es gibt sowohl den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (LRT), dessen Gesellschaftsanteile sich zu 75% in staatlicher Hand befinden4, als auch private Fernseh- bzw. Radiosender. Seit Anfang 2015 ist LRT komplett werbefrei. Dies wurde im Rahmen einer Änderung des Gesetzes über den litauischen Rundfunk beschlossen.5
Private Fernsehsender werden öfter geschaut und beinhalten mehr Unterhaltungsprogramme, während es sich beim Radio genau umgekehrt verhält.

Konzentration des Rundfunkmarktes

Litauens Rundfunkmarkt ist im Gegensatz zu anderen baltischen Staaten auf Grund einer deutlich geringeren russischen Minderheit (lediglich 5,1% der Gesamtbevölkerung) nicht in zwei Sprachblöcke aufgeteilt und gilt als klein und homogen.6 2012 gab es in Litauen 53 Fernsehprogramme und 59 Radiosender, was für ein kleines Land wie Litauen relativ viel ist. Die Fernsehprogramme sind vielfältig und auf ein breites Publikumsspektrum (wegen Minderheiten aus Polen, der Ukraine und Russland) ausgelegt.7

Organisation des Internets

Die Breitbandnutzung sowie WLAN-Netznutzung steigen stetig an. Die Herstellung kabelgebundener Anschlüsse an das Internet ist in Litauen überwiegend in der Hand eines einzigen Anbieters. Nichtsdestotrotz hat Litauen eine sehr gut ausgebaute Festnetz-Infrastruktur. Bemerkenswert ist dabei der Anteil an ultraschnellen FTTH-Verbindungen, die mehr als 30 Prozent der litauischen Haushalte nutzen. Damit ist Litauen weltweit auf Platz eins, was den Ausbau des faseroptischen Netzwerks bis in die Haushalte (Fiber to the Home, FTTH) angeht.8
Öffentliches WLAN-Netz ist im Gegensatz zu Deutschland hervorragend ausgebaut. 2014 lag der Anteil der Internetnutzern pro 100 Einwohner bei 72,1.9 Die Zahl der Internetnutzer ist somit mittlerweile höher als beispielsweise in EU-Ländern wie Portugal, Polen oder Griechenland, was ein Indiz dafür ist, wie stark sich baltische Länder in diesem Segment entwickeln. Die beliebtesten Websites 2014 waren Facebook, Google, Youtube und delfi.lt.10

Kommunikative Grundordnung – Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit in…

…der Verfassungstheorie

Artikel 25 der litauischen Verfassung vom 25. Oktober 1992 (zuletzt geändert am 13. Juli 2004) betrifft die Meinungs- und Informationsfreiheit. Das Recht auf Meinungsfreiheit sowie das Recht auf Informationsfreiheit dürfen gemäß Absatz 3 nur durch Gesetz beschränkt werden. Artikel 44 der Verfassung verbietet die Zensur von Massenmedien. Weitergehende Regelungen zum Rundfunk enthält die litauische Verfassung jedoch nicht.11

…den Landesgesetzen

Am 15. Juli 1996 verabschiedete das Parlament Seimas das Gesetz zur Implementierung der Massenmedien in Litauen, was die Grundlage für die Regulierung des audiovisuellen Sektors darstellt. Die Behörde Lietuvos radijo ir televizijos komisija (LRTK) wird vom litauischen Parlament mit der Regulierung des Rundfunks beauftragt. Die Arbeit der Behörde ist in der Verfassung verankert und orientiert sich insbesondere am Informationsgesetz aus dem Jahr 2000, einer Aktualisierung des Mediengesetzes von 1996. Gemeinsam mit einer anderen Behörde, der Communications Regulatory Authority (Rysiu Reguliavimo Tarnyra, RRT), ist die LRTK für die Frequenzvergabe und die Einhaltung des Jugendschutzes zuständig.12

…der Regulierung des Presse- und Rundfunkmarkts

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nicht nur durch das allgemeine Mediengesetz, sondern auch durch ein spezielles Gesetz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reguliert. Damit wird er verpflichtet, ein vielfältiges Programm für verschiedene Zuschauergruppen zu übertragen.
Für die Programmkontrolle ist der Rundfunkrat zuständig. Er besteht aus zwölf Personen, die jeweils nach sechs Jahren abwechselnd in das Aufsichtsgremium gewählt werden. Vier Mitglieder des Rates werden vom Präsidenten delegiert, weitere vier vom Parlament (zwei davon von der Opposition), die anderen vier kommen aus Wissenschafts-, Bildungs-, Künstler- und Kirchenorganisationen. Der Rundfunkrat wählt außerdem den Intendanten.13 Im März 2014 verhängte der Staat eine dreimonatige Sperre auf einige russische Fernsehsender auf Grund der Ereignisse auf der ukrainischen Halbinsel Krim.14
Der Printsektor reguliert sich hingegen selbst. Dies geschieht in erster Linie über die Überwachung und Einhaltung eines Ethik-Kodex, den die litauische Journalistenvereinigung sowie diverse weitere Interessensverbände konzipiert haben.15
Generell werden die Medien in Litauen zu großen Teilen von einheimischen Eliten kontrolliert. Auch angesichts der historischen Rolle, die Journalisten in der Unabhängigkeitsbewegung spielten, sind es heute Eliten aus den Medien, die signifikanten Druck auf die Politik ausüben können.16

…der Regulierung des Internets

Nach eigener Recherche wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass der Staat die Internetnutzung in den letzten Jahren in irgendeiner Weise eingeschränkt hat oder Internetseiten sperren ließ.

Indizes Korruption und Pressefreiheit

Freedom of the Press

Ranking: 41

Score: 25

Litauen schneidet in diesem Ranking eher gut ab und lässt sich mit  Ländern wie Frankreich oder Japan vergleichen.17

Freedom on the Net

Ranking: k.A.

Score: k.A.

Democracy Score

Ranking: 6

Score: 91

Seit 1995 belegt Litauen vorderste Plätze, was den höchsten Anforderungen entspricht.18

Reporter ohne Grenzen

Ranking: 31

Score: 18,8

Litauen stand noch 2010 weltweit auf Platz 11 im Ranking  neben Dänemark. Auch in darauf folgenden Jahren bis 2015 ist für ein ehemaliges Ostblockland die Entwicklung als positiv zu bewerten. Trotzdem scheinen die Besitzverhältnisse in den letzten Jahren immer schwerer zu durchschauen. Litauen schneidet auch 2015 gut ab und steht im Ranking auf Platz 31 noch vor Spanien oder Großbritannien.19

Transparency International

Ranking: 32

Score: 61

In Sachen Korruption verbessert sich Litauen seit 2011 kontinuierlich und machte innerhalb von vier Jahren einen Sprung nach vorne vom Platz 50 (2011) auf 32 (2015). Das Land reiht sich zwischen Spanien und Israel ein.20

Wissenschaftliche Einteilung in Pressetypen

Contingency Model of Communication

In der Dimension „Offenheit des Rezeptions- und Produktionssystems“ lässt sich Litauen dem Typ 1B „offene Massenkommunikation“ zuordnen. In der Kategorie Medienbesitz/Kontrolle kann man das Land in den Typ 2A einordnen, da der Medienbesitz teils in staatlicher Hand, teils privat ist und die Kontrolle je nach Medientyp variiert. Bei Kommunikationsrechten/-bedingungen entspricht Litauen einem Sozialverantwortungsmodell – Typ 3D.

Comparing Media System

Litauen ist dem demokratisch-korporatistischen Modell zuzuordnen. Die litauische Presse hat eine starke öffentliche Funktion. Der Staat sorgt einerseits für die festgelegte Pressefreiheit, die Selbstkontrolle andererseits erfolgt durch die Institutionen.

Pragmatischer Differenz-Ansatz

Litauen befindet sich am ehesten im Nordeuropäischen Service-Public-Modell wie die anderen westeuropäischen Staaten und enthält dennoch Überreste des osteuropäischen Schockmodells. Je nach Bedarf schaltet sich die Regierung ein und kann mehrere ausländische Fernseh- oder Radiosender abschalten (wie im Falle russischer Sender 2014).

Typologie defekter Mediensysteme

Das Mediensystem Litauens gilt als demokratisch und ist pluralistisch-entkoppelt, lässt sich somit auch trotz einiger staatlicher Eingriffe in die Kategorie der pluralistischen Mediensysteme ohne maßgebliche Defekte einordnen.

Four Theories of the Press

Betrachtet man Litauen im Kontext der Four Theories of the Press, ist das Land am ehesten dem Sozialverantwortungsmodell zuzuordnen. Obwohl eine gewisse Kontrolle der Regierung zu beobachten ist, sind die litauischen Medien auch als ein Forum zur Lösung sozialer Konflikte zwischen Minderheiten zu verstehen. Außerdem sind sie privater Natur mit Service Public- Orientierung und entsprechen dem Modell vieler westeuropäischer Länder.

Stand: Februar 2016

Quellen

1 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
2 Vgl. Wikipedia: Lietuvos rytas. https://de.wikipedia.org/wiki/Lietuvos_rytas, Zugriff am: 25.01.2016
3 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
4 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
5 Vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Länderporträt Litauen. http://www.mediadb.eu/europa/litauen.html?type=98, Zugriff am: 24.01.2016
6 Internationales Handbuch Medien. Lauk, Epp; Shein, Hagi (2009): Das Mediensystem Litauens. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien. Baden-Baden: Nomos, 28. Auflage 2009, S.423
7 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
8 Vgl. Internetanbieter: Internet in Litauen. http://www.internetanbieter.eu/litauen/. Zugriff am: 25.01.2016
9 Vgl. ITU Telecom: Welcome to ITU’s ICT-Eye. 2016. http://www.itu.int/net4/itu-d/icteye, Zugriff am: 20.01.2016
10 Vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Länderporträt Litauen. http://www.mediadb.eu/europa/litauen.html?type=98, Zugriff am: 24.01.2016
11 Vgl. Institut für Europäisches Medienrecht (EMR), Saarbrücken/Brüssel. http://merlin.obs.coe.int/iris/2004/7/article102.de.html, Zugriff am: 20.01.2016
12 Vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Länderporträt Litauen. http://www.mediadb.eu/europa/litauen.html?type=98, Zugriff am: 24.01.2016
13 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
14 Vgl. Hermann, Rudolf: Litauens Sorgen mit Moskauer Propaganda. http://www.nzz.ch/international/europa/litauens-sorgen-mit-moskauer-propaganda-1.18519068, Zugriff am: 27.01.2016
5 Vgl. Sächsische Stiftung für Medienausbildung: Mediensystem Litauen. Geschichte.2014. http://wenigerismehr.de/swok/ssm-seminar/2013/msys_lit.htm, Zugriff am: 25.01.2016
6 Vgl. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Länderporträt Litauen. http://www.mediadb.eu/europa/litauen.html?type=98, Zugriff am: 24.01.2016
17 Vgl. Freedom House: Freedom of the Press 2015. Lithuania. https://freedomhouse.org/report/freedom-press/2015/lithuania, Zugriff am: 25.01.2016
18 Vgl. Freedom House: Nations in Transit. Lithuania. https://freedomhouse.org/report/nations-transit/2015/lithuania, Zugriff am: 25.01.2016
19 Vgl. Reporter ohne Grenzen: Litauen. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/litauen, Zugriff am: 25.01.2016
20 Vgl. Transparency International: Corruption Perceptions Index 2015. http://www.transparency.org/cpi2015#results-table, Zugriff am: 25.01.2016