Politische und staatliche Kennziffern

Staatsform Präsidialrepublik1
Regierungssystem Präsidialsystem
Human Development Index 0,786 (53)2
Einwohnerzahl 9.4853 (2015)3
Einwohner / km² 46

Mediensystem, Medienmarkt

Organisationsform der Presse

Der Zeitungsmarkt in Weißrussland besteht aus privatkommerziellen Zeitungen und staatlicher Presse.
Die staatliche Presse dient zur Informationsverbreitung der Staatspräsidentenpolitik und strebt dadurch die Verbesserung des Images der offiziellen Politik in der Bevölkerung an. Daher bekommt die staatliche Presse wichtige finanzielle Unterstützung aus dem Staatshaushalt4. Im Gegensatz dazu finanzieren sich die privaten Zeitungen mit Werbeeinnahmen, dem Verkauf im Einzelhandel sowie Abonnements5.

Konzentration des Pressmarkts

In Weißrussland waren im Jahr 2007 offiziell 1230 Presseerzeugnisse registriert.
Unter den 1230 Presseerzeugnissen sind 217 Zeitungen und 157 Zeitschriften, die zum Staat gehören. 482 Zeitungen und 322 Zeitschriften sind nicht staatlich.
Was die Anzahl der Printmedien anbelangt, übersteigen die privaten Publikationen die staatlichen. Allerdings sind die Auflagen der staatlichen Publikationen weitaus höher als die der nicht-staatlichen.
Auf dem Pressemarkt hat die Tageszeitung Sowietskaja Belarussija mit einer von Montag bis Freitag täglichen Auflage von über 500.000 Exemplaren die Führung. Während wichtiger Ereignisse wie Präsidenten- oder Parlamentswahlen werden mehrere Millionen Exemplare dieser Zeitung kostenlos über die Briefkästen in Weißrussland verteilt. Die staatliche Sowietskaja Belarussija wird von der Administration des Präsidenten und einer Redaktion herausgegeben6. Hervorzuheben ist, dass die Gesamtauflage der privaten Printmedien deutlich niedriger als eine einzige Ausgabe der staatlichen Sowietskaja Belarussija ist7.
Während die Zeitung Swesda zu den beiden Kammern des Parlaments sowie der Regierung Weißrusslands gehört und über eine Auflage von 34.188 Exemplaren verfügt, wird die Zeitung Respublika vom Ministerrat der Republik herausgegeben. Die monatliche Auflage der Respublika liegt bei 50.384 Exemplaren8.
Russische Publikationen in lokalen Ausgaben machen einen beachtlichen Teil des weißrussischen Marktes aus. Das sind im Wesentlichen russische Zeitungen, die sich auf einigen Seiten weißrussischen Themen widmen, die von weißrussischen Journalisten beigesteuert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Kosomolskaja Prawda Belorussii mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren täglich und einer Freitagsauflage von 350.000 Exemplaren. Die Zeitung wird von der SAO Bel KP-Presse herausgegeben9.
Die politische Situation in Weißrussland hat einen starken Einfluss auf den Zustand der Medien. Aufgrund dessen liegen oft keine Angaben über den Eigentümer der privaten Printmedien vor, da sie ihre Partizipation im Medienbereich nicht bekannt geben wollen.

Organisation des Rundfunks

Das Rundfunksystem in Weißrussland lässt sich aufteilen in den so genannten national-staatlichen und den nicht-staatlichen Rundfunk10.
Während der national-staatliche Rundfunk sich über den Staatshaushalt und Werbeeinnahmen finanzieren lässt, muss der private Rundfunk mit Einnahmen aus Werbung und Abonnementsgebühren auskommen11.
Der staatliche Rundfunk unterliegt der Abhängigkeit vom Präsidenten und seiner Administration, wohingegen die privaten Rundfunksender sehr stark von den Lizenzierungsbehörden kontrolliert und eingeschränkt werden12.

Konzentration des Rundfunkmarktes

Fernsehen:
Im Jahr 2006 waren 54 Fernsehsender beim Informationsministerium Weißrussland registriert. 21 Fernsehsender waren staatlich und 33 in privatem Besitz. Die nicht-staatlichen Sender lassen sich in Weißrussland wie folgt verteilen: 9 in der Stadt Minsk, 7 in Witebsker Oblast, 7 im Brester Oblast, 3 im Gomeler Oblast, 3 im Mogiljowsker Oblast, 2 in Minsker Oblast und 2 im Grodnensker Oblast.
Deutlicher Marktführer ist dabei die Rundfunkanstalt NGTRK. Zu ihr gehört der erste nationale Fernsehsender BT, der Sender Lad, sowie der Satellitenkanal Belarus- TV13.
Radio:
Im Jahr 2006 waren 154 Radiosender beim Informationsministerium Weißrusslands eingetragen. 134 befinden sich im staatlichen Besitz und nur 19 Radiosender in privater Hand. Den Radiomarkt führt vorwiegend die staatliche Rundfunkanstalt NGTRK mit dazu gehörenden Programmen wie beispielswiese dem Perwyj Nazionalnyj-Kanal (35,4% der Höreranteile) oder dem Auslandssender Belarus, der in vier Sprachen übertragen wird und mittlerweile seine Sendungen über Internetübertragung verbreitet14.

Kommunikative Grundordnung – Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit in…

…der Verfassungstheorie

Die rechtlichen Grundvoraussetzungen lassen sich durch die Verfassung, das Mediengesetz, Beschlüsse der Regierung sowie Akten der Ministerien und der staatlichen Komitees bilden. Dabei spielen die Erlasse unterhalb der gesetzlichen Ebene (Ukase) eine gravierende Rolle bei der Regulierung der Medien in Weißrussland.
Die Verfassung gewährleistet im Art. 33 den Bürgern die Meinungsfreiheit, das Recht auf den Nachrichtenerhalt sowie die Bewahrung und Verbreitung vollständiger und richtiger Informationen.
Allerdings bestehen diese rechtlichen Grundlagen für Medien in Weißrussland nur auf dem Papier, die Realität der kommunikativen Grundordnung sieht anders aus15.

…der Regulierung des Presse- und Rundfunkmarkts

Seit der Anordnung des Präsidenten vom 4. Januar.1996 mit dem Titel „Über einige Fragen der staatlichen Informationspolitik“ werden die Chefredakteure der staatlichen Zeitungen von der Exekutive gewählt, ein in totalitären politischen Systemen erprobtes Verfahren im Bereich der Kommunikationskontrolle. Während die Chefredakteure der nationalen Zeitungen vom Ministerrat unter der Befürwortung des Präsidentenamtes ernannt werden, bestimmen Exekutivorgane die Chefredakteure der regionalen und lokalen Zeitungen.
Bei Gesetzverstößen hat das staatliche Pressekomitee die Berechtigung, die Zeitungen zu verwarnen oder sogar die Lizenzen für Monate zu entziehen16.
Die Tätigkeit des Rundfunks ist durch den „Erlass über den Nationalen Staatlichen Rundfunk der Republik Weißrussland“ geregelt. Punkt 1 des Erlasses besagt, dass die staatliche Rundfunkanstalt belradiotelekompanja direkt dem Präsidenten untergeordnet ist17.

…der Regulierung des Internets

Für die Onlinemedien in Weißrussland gibt es keine klaren gesetzlichen Richtlinien, sondern lediglich Anweisungen.
Durch die Anweisung Nr.83 vom 24.11.2006 des staatlichen Zentrums für Informationssicherheit beim Staatspräsidenten müssen die Domains unter der nationalen Domain „by“ eingetragen und durch das staatliche Zentrum bewilligt werden18.
Durch den neuen Onlineerlass „Über Maßnahmen zur verbesserten Nutzung des nationalen Internets“ gewinnt der Staat noch mehr Oberhand über Onlineinhalte und Onlinenutzer. Dazu müssen die Internetanbieter in der Lage sein, alle verbundenen Geräte wie Computer und Mobilfunkgeräte zu identifizieren. Infolge dessen müssen sogar Besucher von Internetcafés sich seit neuestem ausweisen, wobei die Daten für 12 Monate gespeichert werden19 .
Gleichwohl genießt in Weißrussland das Internet im Gegensatz zu den anderen Medien mehr Freiraum. Wobei sich die Lage der Onlinemedien in jüngster Zeit verändert hat, da das Internet ins Visier des Präsidenten Lukaschenko geraten ist20.

Indizes Korruption und Pressefreiheit

Freedom of the Press

Ranking: 194

Score: 93

21Mit Platz 194 von 199 hat die Organisation Freedom House die Medienfreiheit in Weißrussland als eindeutig nicht frei bewertet. Der Score von 93 liegt nahe am rechnerischen Minimum der Medienfreiheit.

Freedom on the Net

Ranking: 52

Score: 64

22Weißrussland fiel um einen Platz im Vergleich zum letzten Jahr zurück und liegt somit im Jahr 2015 auf Platz 52. Es wird es als nicht frei eingestuft.

Democracy Score

Ranking: k.A.

Score: 6.5

23Weißrussland liegt im Ranking der „Nations in Transit“ mit einem Score von 6.71 ganz am Ende (Independant Media = 6.75); der Wert hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Es gilt weiterhin als konsolidiertes autoritäres Regime.

Reporter ohne Grenzen

Ranking: 157

Score: 47,98

24Weißrussland belegt im Jahr 2015 im RoG-Ranking Platz 157 von 180 und damit den gleichen Platz wie im Jahr 2014.

Transparency International

Ranking: 107

Score: 32

25Im Ranking von Transparency International liegt Weißrussland auf Platz 107 von 175. Das Land konnte sich im Ranking im Vergleich zum Vorjahr um 12 Plätze verbessern.
Der Score liegt bei 32 von 100 und ist damit um einen Punkt gestiegen im Vergleich zum Jahr 2014.

Wissenschaftliche Einteilung in Pressetypen

Contingency Model of Communication

Hinsichtlich der Offenheit bzw. Geschlossenheit von Produktions- und Rezeptionssystemen lässt sich das Mediensystem in Weißrussland gut in das Modell der geschlossenen Produktion und offenen Rezeption eingliedern. Da die Massenkommunikation sehr stark seitens der Regierung kontrolliert wird, kann zwar Jedermann Informationen erhalten, allerdings nur jene Informationen, die vorher von der Regierung für die Öffentlichkeit freigeschaltet wurden. Daher kann nur ein bestimmter Kreis von Kommunikatoren Aussagen verbreiten.
In der Dimension „Medienbesitz und Medienkontrolle“ kann Weißrussland nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Medienkontrolle erfolgt zentralisiert. Jedoch gibt es sowohl öffentliche als auch private Medien. Daher kann man von einem zentralisierten öffentlich-privaten Modell sprechen.
Im Hinblick auf Kommunikationsrechte fällt Weißrussland unter das Autoritarismus-Modell, da das Individuum das Recht zu senden hat und die Gesellschaft das Recht zu empfangen.

Comparing Media System

Nach dem explorativen Vergleichsansatz lässt sich das weißrussische Mediensystem am ehesten mit dem Mediterranen oder Polarisiert-pluralistischen Modell gleichsetzen.

Pragmatischer Differenz-Ansatz

Das weißrussische Mediensystem kann direkt dem kontrolliert-ambivalenten Mischmodell zugeordnet werden. Dieses Modell ist durch eine starke mittlere Linie B gekennzeichnet.

Typologie defekter Mediensysteme

Das Mediensystem in Weißrussland kann man als strukturell gelenkt bezeichnen. Da die wichtigen staatlichen Entscheidungszentren durch die Regierung ernannt werden, ist es nicht möglich, von unabhängigen Medien zu sprechen. Es werden Anordnungen vom Staatspräsidenten herausgegeben, die sowohl dem Schutz von Staatsinteressen dienen, als auch die nicht-staatlichen Medien in ihrer freien Berichterstattung einschränken bzw. diese parallel unter Druck setzen.

Four Theories of the Press

Das Mediensystem in Weißrussland lässt sich unter das Autoritarismus-Modell einordnen. Es gibt zwar einen öffentlich-rechtlichen und einen privaten Rundfunk, aber die Regierung und der Stadtpräsident haben die Oberhand über die Medien. Das Informationsministerium hat beispielsweise das Recht, Zeitungen bei Gesetzesverstößen zu verwarnen. Die Chefredakteure der staatlichen Zeitungen werden durch die Exekutive oder den Ministerrat gewählt. Während alle elektronischen Medien unter der Kontrolle des Staates sind, haben die nicht-staatlichen elektronischen Medien und das Kabelfernsehen mit Einschränkungen der Lizensierungsbehörden zu kämpfen.

Stand: Februar 2016

Quellen

1 Vgl. Auswärtigesamt : Weißrussland. 2016. http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01Nodes_Uebersichtsseiten/Belarus_node.html , Zugriff am 23. 01. 2016.

2 Vgl. Wikipedia: Weißrussland. 2016. https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Frussland, Zugriff am 26. 01. 2016.

3 Vgl. Auswärtigesamt : Weißrussland. 2016. http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01Nodes_Uebersichtsseiten/Belarus_node.html, Zugriff am 23. 01. 2016.

4 Vgl. Wikipedia: Presse in Weißrussland. 2016. https://de.wikipedia.org/wiki/Presse_in_Wei%C3%9Frussland, Zugriff am 21. 01. 2016.

5 Vgl. Dorochow, Wladimir(2009). Das Mediensystem Weißrussland. In: HBI (Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg) (Hg.): Internationales Handbuch Medien. Baden Baden.S. 714.

6 Vgl. Ebd. S.713.

7 Vgl. Ebd. S.714.

8 Vgl. Ebd. S.713.

9 Vgl. Ebd. S.713, 714.

10 Vgl. Stegherr, M/Liesem, K. (2010). Die Medien in Osteuropa. Medien in Transformationsprozess. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/ Springer Fachmedien. S. 365.

11 Vgl. Vgl. Dorochow, Wladimir(2009). Das Mediensystem Weißrussland. In: HBI (Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg) (Hg.): Internationales Handbuch Medien. Baden Baden.S. 719.

12 Vgl. Ebd. S. 716, 717.

13 Vgl. Vgl. Dorochow, Wladimir(2009). Das Mediensystem Weißrussland. In: HBI (Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg) (Hg.): Internationales Handbuch Medien. Baden Baden.S. 716.

14 Vgl. Ebd. S. 721.

15 Vgl. Ebd. S. 710, 711.

16 Vgl. Ebd. S.710.

17 Vgl. Ebd. S.715.

18 Vgl. Ebd. S. 723.

19 Vgl. Presseportal: Belarus: Steigender Druck auf Online-Journalisten und Internetnutzer. 2010. http://www.presseportal.de/pm/51548/1644438, Zugriff am 21. 01. 2016.

20 Vgl. Vgl. Dorochow, Wladimir(2009). Das Mediensystem Weißrussland. In: HBI (Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg) (Hg.): Internationales Handbuch Medien. Baden Baden.S. 723.

21 Vgl. Freedom House. Freedom of The Press. 2015. https://freedomhouse.org/sites/default/files/FreedomofthePress_2015_FINAL.pdf, Zugriff am 20. 01. 2016.

22 Vgl. Freedom House. Freedom on the Net. 2015. https://freedomhouse.org/sites/default/files/FH_FOTN_2015Report.pdf, Zugriff am 20. 01. 2016.

23 Vgl. Freedom House. 2015. https://freedomhouse.org/report/freedom-world-2015/table-country-ratings, Zugriff am 20. 01. 2016.

24 Vgl Rangliste der Pressefreiheit 2015. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/uploads/tx_lfnews/media/Rangliste_der_Pressefreiheit_2015.pdf, Zugriff am 20. 01. 2016.

25 Vgl. Corruption Perceptions Index 2015. 2015. http://www.transparency.org/cpi2015/ Zugriff am 27. 01. 2016.